26 Jun 2023 Ein kurzer Überblick zur Nachhaltigkeitsproblematik in der Palmöl-Produktion
Was ist Palmöl und dessen Geschichte?
Palmöl ist das weltweit am meisten verwendete Pflanzenöl und wird aus den Früchten der Ölpalme gewonnen. Diese Ölpalmen stammen ursprünglich aus dem westafrikanischen Regenwald. Denn zum Gedeihen brauchen sie tropisches Regenwaldklima, d. h. ständig Feuchtigkeit und hohe Temperaturen.
Auf dem afrikanischen Kontinent wurde und wird Palmöl seit Jahrhunderten, meist kleinbäuerlich, angebaut. 1848 brachten niederländische Seefahrer die ersten Ölpalmen nach Indonesien. Mehr als 60 Jahre später, im Jahre 1911, entstanden die ersten Plantagen auf Sumatra und Malaysia.
Seit 1990 ist der Konsum von Pflanzenölen insgesamt und besonders der von Palm-, Soja- und Kokosöl stetig gewachsen. Die globale Anbaufläche für Ölpalmen hat sich in der Zeit von etwas über 6 Mio. Hektar mehr als verdreifacht.
Um mehr Platz für Ölpalmenplantagen zu schaffen, werden daher überwiegend die Regenwälder abgeholzt. Schon jetzt breiten sich riesige industrielle Ölpalm-Monokulturen weltweit auf etwa 27 Millionen Hektar in den Regenwaldgebieten am Äquator aus. Das entspricht ca. drei Viertel der Fläche Deutschlands.
Verwendungszwecke von Palmöl
Während das Palmöl aus dem Fruchtfleisch der Ölpalme gewonnen wird und etwa 90 % des Ölgehaltes der Frucht ausmacht, stammt das Palmkernöl aus den gepressten Kernen. Etwa 75 % des weltweit produzierten Palmöls dient direkt oder indirekt – in bereits verarbeiteten Produkten – als Nahrungsmittel. Es wird traditionell zum Kochen, Braten und Frittieren sowie vermehrt in verarbeiteten Produkten wie Margarinen und Schokoladenaufstrichen, Wurstwaren und Backwaren verwendet. Palmöl ist hitze- und oxidationsbeständig und muss im Gegensatz zu vielen anderen Ölen nicht erst gehärtet werden, um bei Raumtemperatur eine streichfeste Konsistenz zu erhalten.
Diese Verarbeitungseigenschaften sowie die besondere Fettsäurezusammensetzung – als einziges Pflanzenöl ein nahezu 50/50-Verhältnis von gesättigten und ungesättigten Fettsäuren – sorgen dafür, dass Palmöl in einigen Anwendungsbereichen technisch schwer zu ersetzen ist. Immer mehr Palmöl wird auch zur Herstellung von Biokraftstoffen verwendet.
Aber auch in Bereichen, die wir als Konsument*innen nicht direkt mit Palmöl in Verbindung bringen, wird das Öl genutzt. Es wird in der Futtermittelproduktion eingesetzt, wie bei der Fütterung von Geflügel, Schweinen und Rindern. Auch für die Herstellung von Kerzen wird eine erhebliche Menge benötigt. Oder auch um Altpapier zu entfärben (De-Inking), für die Herstellung von Pflanzenschutzmitteln oder zur Herstellung von Liquids für E-Zigaretten. Hättet ihr das gedacht?
Soziale Auswirkungen
In den letzten Jahren ist der Anbau von Ölpalmen immer wieder mit Menschenrechtsverletzungen sowie sozialen Missständen auf den Plantagen oder Landkonflikten einhergegangen. Eine Vielzahl von Berichten und Studien hat sich mit den negativen sozialen und ökologischen Auswirkungen des wachsenden Palmölanbaus befasst.
Die Arbeit auf den Plantagen wird nur dann zu einem Faktor für steigenden Wohlstand in breiten Teilen der Bevölkerung, wenn die Arbeitsbedingungen entsprechend gestaltet, Löhne auskömmlich sind und die Grundrechte der Arbeiterinnen und Arbeiter nicht verletzt werden. Insbesondere Frauen, Kinder, Migrant*innen und Wanderarbeiter*innen sind besonders oft von schlechten Arbeitsbedingungen betroffen. Amnesty International deckte beispielsweise 2016 in „The great palm oil scandal – Labour abuses behind big brand names“ systematisch Verstöße wie Kinderarbeit und den Einsatz hochgefährlicher Pestizide durch Kinder, Zwangsarbeit, zu niedrige Bezahlung bei unsicheren Beschäftigungsverhältnissen und schwerer körperlicher Arbeit, fehlende Krankenversorgung und Schutzkleidungen auf den Plantagen der weltweit größten Palmölproduzenten auf.
Landraub und unklare Landbesitz- und Nutzungsverhältnisse sorgen immer wieder für Zusammenstöße der lokalen und indigenen Bevölkerung mit den Betreiber*innen von Plantagen. Im Jahr 2008 wurden allein in Indonesien 570 Konflikte registriert. In Sarawak, dem malaysischen Bundesstaat auf Borneo, waren es 150 im selben Jahr.
Unser Doku-Tipp
Sollten euch die durch die Palmölproduktion hervorgerufenen sozialen Umstände interessieren, haben wir hier einen kleinen Dokumentations-Tipp für euch: „Asimetris“ – kritische Doku über Palmöl in Indonesien.
Der indonesische Journalist Dandhy Laksono reist durch die abgebrannten Wälder Borneos und Sumatras und stößt auf Rodungen für Palmöl-Plantagen, Landkonflikte und Korruption. Seine Recherchen ergeben, dass in erster Linie große Firmen vom Palmöl-Boom profitieren, der auch von der EU-Politik befeuert wird.
Die Dokumentation könnt ihr euch kostenlos und offen zugänglich auf YouTube anschauen!
Ökologische Auswirkungen
Der Anbau von Palmöl ging und geht mit ökologischen Problemen wie dem Rückgang gefährdeter Arten, Rodung von Wäldern oder starker Pestizidbelastung einher. Auch wenn sich die Ergebnisse einzelner Studien unterscheiden und die Ursachen für Rodungen nicht immer klar zu ermitteln sind, sind besonders in Malaysia und Indonesien große Teile der Entwaldung auch der Expansion von Ölplantagen zuzuschreiben.
Die Ausweitung von Palmölplantagen führt zur Rodung großer Waldgebiete, insbesondere von tropischen Regenwäldern. Dabei werden wertvolle Lebensräume für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten zerstört. Der Verlust der Artenvielfalt hat nicht nur negative Folgen für das ökologische Gleichgewicht, sondern auch für den Erhalt der globalen Biodiversität.
So ist einer Publikation des WWf´ in Kooperation mit IINAS GmbH im Rahmen des Re-FoPlan-Vorhaben namens „Überblick zur nachhaltigkeits Problematik im Palmölsektor” zu entnehmen, dass die Anzahl und des Artenreichtums von Säugetieren im Vergleich zu natürlichen Wäldern um 65–90 % sinkt. Der Bestand von Arten, die auf der Roten Liste der gefährdeten Arten von IUCN stehen, sinkt sogar um ca. 85 %. Besonders betroffen sind Orang-Utans, Gibbons und Tiger. Insgesamt wird der Rückgang von etwa 400 Tierarten auf die Ölpalmenexpansion zurückgeführt.
Ein weiteres Problem: Viele Palmölplantagen werden auf entwässerten Torfmooren angelegt. Der Abbau von Torfmooren setzt große Mengen an Treibhausgasen frei, einschließlich CO2 und Lachgas. Durch die Entwässerung von Torfmooren wird auch der Abbau von Kohlenstoff aus dem Boden beschleunigt, was zu einer zusätzlichen Freisetzung von Treibhausgasen führt.
Was ist mit angeblich nachhaltigem Palmöl nach RSPO-Kriterien?
Das Palmöl-Label RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil) wurde 2004 gegründet und hat das Ziel, die Produktion von Palmöl ökologischer und sozialverträglicher zu gestalten. RSPO ist eine freiwillige Zertifizierung, die Palmölproduzent*innen und -händler*innen dazu ermutigt, bestimmte Nachhaltigkeitskriterien einzuhalten.
Obwohl RSPO als ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit angesehen werden kann, gibt es auch Kritikpunkte und Bedenken bezüglich des Labels:
Schwache Standards: Ein Hauptkritikpunkt ist, dass die Standards des RSPO nicht ausreichen, um die mit der Palmölproduktion verbundenen Probleme effektiv anzugehen. Zum Beispiel erlaubt das RSPO-Label den Einsatz von Pestiziden und den Anbau auf torfhaltigen Böden, die wertvolle Ökosysteme zerstören.
Mangelnde Durchsetzung: Es gibt Zweifel an der tatsächlichen Umsetzung der RSPO-Standards. Berichte über Verstöße gegen die RSPO-Richtlinien und illegale Rodungen auf zertifizierten Plantagen werfen Fragen zur Glaubwürdigkeit des Labels auf. Einige Kritiker*innen behaupten, dass RSPO nicht in der Lage ist, angemessen zu überwachen und Verstöße zu bestrafen.
Soziale Auswirkungen: RSPO konzentriert sich hauptsächlich auf ökologische Aspekte und vernachlässigt oft die sozialen Auswirkungen der Palmölindustrie. Dies betrifft insbesondere die Rechte indigener Völker, Landkonflikte und die Arbeitsbedingungen der Plantagenarbeiter. RSPO hat es nicht geschafft, ausreichende Schutzmechanismen für die betroffenen Gemeinschaften einzuführen.
Greenwashing: Ein weiterer Vorwurf ist, dass RSPO dazu führen kann, dass Unternehmen ihr Image auf Kosten der Umwelt verbessern, ohne tatsächlich substantielle Veränderungen vorzunehmen. Einige Unternehmen verwenden das RSPO-Label als Marketinginstrument, um sich als nachhaltig darzustellen, obwohl sie nur einen kleinen Teil ihres Palmöls tatsächlich zertifizieren lassen.
Es ist wichtig zu beachten, dass RSPO trotz dieser Kritikpunkte auch einige positive Auswirkungen hatte. Es hat dazu beigetragen, das Bewusstsein für die Probleme im Zusammenhang mit der Palmölindustrie zu schärfen und Unternehmen dazu gebracht, sich stärker mit Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Dennoch bleibt die Kritik bestehen, dass RSPO nicht ausreicht, um die negativen Auswirkungen der Palmölproduktion vollständig zu adressieren und dass strengere Maßnahmen und eine bessere Durchsetzung erforderlich sind, um echte Veränderungen zu bewirken.
Eigene Lösungen finden
Selbst kochen, selbst entscheiden: Koche selbst mit frischen Zutaten aus deiner Region. Denn Lebensmittel, die bei uns hergestellt werden, enthalten meistens nur heimische Öle.
Kleingedrucktes lesen: Auf Lebensmittelpackungen muss seit Dezember 2014 angegeben werden, wenn ein Produkt Palmöl enthält. In Kosmetik-, Putz- und Waschmitteln versteckt sich das Palmöl hingegen hinter einer Vielzahl chemischer Fachbegriffe. Per Internetrecherche lassen sich leicht palmölfreie Alternativen finden.
Der Kunde ist König: Ihr könntet Hersteller fragen, welche palmölfreien Produkte sie anbieten. Und warum sie keine heimischen Öle verwenden. Oder ihr lasst das einfach die Replace-PalmOil-App für euch erledigen. Mit der Replace PalmOil-App und der Organisation Orang-Utan-in-Not könnt ihr den Barcode palmölhaltiger Lebensmittel scannen. Im gleichen Schritt teilt ihr damit den Herstellern und Anbietern mit, dass ihr gegen die Verwendung von Palmöl seid, weil dafür Regenwald zerstört wird.
Euch hat dieser Blogbeitrag gefallen? Und ihr möchtet weitere spannende Beiträge zum Thema Palmöl, Soja, Avocado oder allgemein mehr darüber erfahren, was unsere Ernährung mit der Waldrodung zu tun hat? Auf unserem Blog findet ihr zu vielen interessanten Themen einen Blogbeitrag!
-Laura-
Beitragsbild: © First Resources/Shutterstock
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