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Raupe Immersatt – das erste Foodsharing Café Deutschlands

Letzte Woche war es endlich so weit! Die Raupe Immersatt, Deutschlands erstes Foodsharing Café, öffnete seine Türen am Stuttgarter Hölderlinplatz. Was steckt dahinter und wie funktioniert das Retten der Lebensmittel? Wir waren bei der Eröffnung dabei und schauten dem Team – Jana, Maike, Maximilian, Simon und Lisandro – über die Schulter.

Vor etwa drei Jahren begann das Team der Raupe Immersatt, ihren Plan eines Foodsharing Cafés in die Tat umzusetzen. Die fünf Studierenden, die alle in Stuttgart wohnen, lernten sich über ihr Engagement bei der Plattform Foodsharing kennen. Über die Plattform ist es möglich, sich mit Privathaushalten oder Betrieben zu vernetzen, um deren übrig gebliebene Lebensmittel vor der Tonne zu bewahren. Solche Abholungen sind in Stuttgart inzwischen bei rund 40 Betrieben möglich. Backwaren, Obst, Gemüse, Milchprodukte – die Foodsharing-Aktivist*innen retten, so gut es geht, alles, was ansonsten am Ende des Tages im Müll landen würde. Backwaren vom Vortag zum Beispiel möchten die Bäckereien nicht mehr verkaufen, sie sind aber immer noch lecker und genießbar, also ab in die Tasche der Foodsharer.

Fairteiler als Sammelstelle für gerettete Lebensmittel

Ok, das Konzept des Rettens von Lebensmitteln kennt ihr wahrscheinlich schon. Was hat es nun also mit einem Foodsharing Café auf sich? Die Raupe Immersatt dient als Sammelstelle für gerettete Lebensmittel. Im Café stehen Regale und Kühlschränke, sogenannte Fairteiler. Dort kann jede Person Lebensmittel reinlegen, die sie selbst nicht mehr verbraucht und lieber an andere weitergeben möchte, bevor sie schlecht werden. Auch die größeren Abholungen bei Betrieben durch Foodsharing-Aktivist*innen kommen in die Fairteiler. Die geretteten Lebensmittel sind kostenlos – auch in der Raupe Immersatt. Ein Toaster und ein kleiner Backofen stehen bereit, um sich die Backwaren aufzuwärmen; das Team schnippelt in der Küche das Gemüse zum snacken klein.

Fairteiler in der Raupe Immersatt
Die Fairteiler in der Raupe Immersatt.

Um für kontinuierliche Sauberkeit zu sorgen und die Hygienevorschriften einzuhalten, wacht das Team von morgens bis abends über die Fairteiler. Auf der Homepage heißt es dazu: „Für alle Foodsharing-Fairteiler gibt es professionelle, mit Lebensmittelexpert*innen ausgearbeitete Regeln, damit die Kühlschränke und Schränke sich immer in einem hygienisch einwandfreien Zustand befinden und nur gesundheitlich unbedenkliche und genießbare Lebensmittel geteilt werden.“

Regionalität, Qualität und Nachhaltigkeit

Bei den Getränken setzt das Team auf Regionalität, Qualität und Nachhaltigkeit. Limonaden, Wein und Bier kommen in Bio-Qualität und sollen keine langen Transportwege haben, um den Ausstoß von Treibhausgasen so gering wie möglich zu halten. Beim Bio-Kaffee ist das etwas schwieriger, dafür ist er fair produziert. Die Raupe Immersatt setzt auf ein solidarisches Finanzierungsmodell: Es gibt keine festen Getränkepreise – du bezahlst, wie viel es dir wert ist.

Hinter dem Konzept der Raupe Immersatt steckt noch mehr! Im Café wird das Thema „Lebensmittelverschwendung“ erleb- und essbar. Die Besucher*innen setzen sich konkret mit der immensen Verschwendung von eigentlich noch genießbaren Lebensmitteln auseinander und schienen am Eröffnungstag auch teilweise überrascht darüber, was für eine große Menge die Foodsharing-Aktivist*innen vor dem Müll retten.

Das Foodsharing Café soll in Zukunft auch als Veranstaltungsort dienen. Das Café wird dann Raum für kreativen Austausch, Themenvorträge oder konkrete Praxisanwendungen zur nachhaltigen Vermeidung von Lebensmittelverschwendung bieten. Es geht konkret um Anwendungsbeispiele wie Selbstversorgerpraktiken, Konservierungsmöglichkeiten und die Weiterverarbeitung von Lebensmitteln. Dazu kommen „Schnippeldiskos“ und Kochkurse, um zu zeigen, was aus geretteten Lebensmitteln noch alles Leckeres gezaubert werden kann.

Ein langer Weg zum Café-Glück

Vor eineinhalb Jahren sammelte die Raupe Immersatt über eine Crowdfunding-Kampagne 26.000 Euro. Ein klares Signal dafür, dass die Idee umgesetzt werden muss! Doch die Suche nach einer Räumlichkeit in Stuttgart verlief zehrend und schwierig. Als die Motivation immer weiter nach unten zu sinken schien, kam Anfang des Jahres der Lichtblick – die Zusage für eine Räumlichkeit am Hölderlinplatz in Stuttgart West. Den Mietvertrag in der Tasche hieß es: Ran ans Werkzeug! Die letzten zwei Monate renovierte das Team mit vielen Unterstützer*innen nahezu rund um die Uhr den leerstehenden Raum, baute Bar, Fairteiler, holte Genehmigungen ein und organisierte die Getränkelieferung.

Am Tag der Eröffnung – von Erschöpfung keine Spur. Jana, Maike, Maximilian, Simon und Lisandro wuseln zwar durch das Café, schwitzen hinter der Bar und koordinieren die große Menge an Interessierten, die sich am Eingang drängen. Doch sie strahlen gleichzeitig auch so eine Freude und Motivation aus, dass es ansteckend ist. Das Foodsharing Café Raupe Immersatt ist dank seines engagierten Teams so inspirierend und motivierend – plant doch schon mal einen Ausflug nach Stuttgart und lasst euch anstecken!

Bildquelle/Urheberin: Julia Merkle

4 Comments
  • Wolfgang
    Posted at 13:49h, 18 Juni Antworten

    Ja, das ist ja mal eine super Geschäftsidee, Hoffentlich gibt es das ich bald in Münster
    LG
    Wolfgang

  • Jenni Marieni
    Posted at 11:02h, 19 Juni Antworten

    Interessantes Konzept und schön, dass es dann doch noch geklappt hat! Das kannte ich noch gar nicht. Ich schau mal, ob es das auch bei uns in Wien gibt. Ansonsten merke ich mir das für den Stuttgart Besuch nächstes Jahr vor.

  • Katharina
    Posted at 08:17h, 20 Juni Antworten

    Eine wunderbare Idee! Werde ich gleich mal an ein paar in Stuttgart lebende Freunde weiterleiten und mal sehen, wie es mit dem Foodsharing hier im Wendland so bestellt ist. Danke für den interessanten Artikel =)
    Liebe Grüße vom http://www.Wendlandrand.de

  • angelique
    Posted at 21:53h, 20 Juni Antworten

    Was für ein super Konzept. Hoffentlich funktioniert es langfristig und verbreitet sich auch in anderen Städten. Das Bewußtsein für die Wertigkeit der Lebensmittel wird dadurch sicher wieder mehr in den Vordergrund gerückt. lg angelique

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