Hungerkrieg, Vergewaltigung und Abschottung in Tigray: Wo bleibt der Frieden eines Friedensnobelpreisträgers?

In der Region Tigray im Norden Äthiopiens wird die Lage immer dramatischer. Die Region ist nahezu komplett abgeschottet von der Außenwelt, Hilfslieferungen kommen so gut wie gar nicht mehr durch. Auch die Kämpfe eskalieren immer weiter, der von Präsident Abiy Ahmed verkündete Waffenstillstand ist damit wohl eindeutig hinfällig. Wie schlimm die Situation wirklich ist, kann schwer abgeschätzt werden, da Journalistinnen und Journalisten die Einreise verweigert wird und Telefonleitungen nicht funktionieren. Die wenigen Informationen, die nach außen dringen, zeichnen jedoch ein furchtbares Bild: junge Mädchen und Frauen werden vergewaltigt, Menschen willkürlich erschossen und Hunger als Waffe verwendet. Und all das passiert im Land des Präsidenten Abiy Ahmed, der 2019 den Friedensnobelpreis erhalten hat.

Der Tigray-Konflikt

Seit Abiy Ahmed im Amt ist, verlor die zuvor in Politik und Militär dominante Partei TPLF (Volksbefreiungsfront von Tigray) immer mehr an Macht. Vor gut einem Jahr sendete der Präsident dann Truppen nach Tigray und die militärische Auseinandersetzung eskalierte. Wir haben im Mai 2021 bereits über Tigray berichtet, schaut also gerne nochmal in diesem Beitrag vorbei, um mehr über die Hintergründe des Konflikts zu erfahren.

Seit seiner erneuten Amtsbestätigung Anfang Oktober 2021 haben sich die Konflikte weiter zugespitzt, es scheint als wolle die Regierung alles daransetzen, die TPLF endgültig zu eliminieren. Wahlen gab es in Tigray mit seinen rund 6 Millionen Einwohnern nicht. Der Konflikt hat sich mittlerweile auch auf die Nachbarregionen ausgeweitet. Unterstützung erhält die Regierung laut TPLF aus Eritrea, davon berichten auch immer wieder Zivilistinnen und Zivilisten. Diese leiden massiv unter den militärischen Auseinandersetzungen zwischen TPFL und der Zentralregierung.

Die Situation der Menschen in Tigray

Wie bereits erwähnt, fällt es schwer ein eindeutiges Bild der Lage in Tigray zu erhalten, da die Region so massiv abgeschottet wird. Doch die wenigen Informationen, die die Außenwelt erreichen, lassen erahnen, wie furchtbar die Situation vor Ort sein muss. Neben der fehlenden Berichterstattung von Journalistinnen und Journalisten wurden laut einem Bericht der Tagesschau vor kurzem mehrere wichtige Vertreterinnen und Vertreter der UN des Landes verwiesen, was vor allem Mitarbeitende des UN-Nothilfebüros betrifft. Diese hatten kritisiert, dass nur etwa 10 Prozent der Hilfslieferungen überhaupt in der Region ankommen. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen hat nach der Ermordung von drei Mitarbeitenden mehrere Projekte vor Ort eingestellt.

Die katastrophale Lage führt dazu, dass viele Menschen in den benachbarten Sudan fliehen, an dessen Grenze riesige Flüchtlingslager entstanden sind. Doch es gibt auch viele Menschen, die weiterhin in der Region leben und durch die Abschottung von Hunger bedroht sind. Wegen dieser Lage werfen viele der Regierung vor, die Bevölkerung in Tigray aushungern lassen zu wollen, die Vereinten Nationen sprechen von fast 20.000 mangelernährten Kindern, die ins Krankenhaus gebracht werden mussten. Berichte über willkürliche Erschießungen und Vergewaltigungen von Zivilistinnen und Zivilisten dringen ebenfalls zur Außenwelt durch.

Die Informationslage ist sehr schlecht und unübersichtlich, weshalb eine Opferzahl in der Region unmöglich zu schätzen ist. Wie lange der Konflikt noch andauern wird, ist nicht absehbar. Fraglich ist auch, wo die internationale Aufmerksamkeit bleibt, in den Medien erreichen die Menschen kaum Berichte zu Tigray. Doch eins ist wohl eindeutig: Nach „Frieden“ sieht es in Abiy Ahmeds Land nicht aus.

-Leah-


Das Bild stammt von M.T ElGassier auf Unsplash.com.

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