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Wieviel Zeit braucht Nachhaltigkeit?

Habt ihr schon einmal Zeit „geschenkt“? Ist euch schon einmal aufgefallen, dass wir über Zeit oft so sprechen, als wäre sie eine Währung, die wir sparen oder verschwenden können?? Dabei haben wir doch alle gleich viel davon, 24 Stunden am Tag.

Aber während manche scheinbar stressfrei alles hinbekommen, gehört für viele Menschen Zeitstress zum Alltag. Eine Folge dieser Zeitknappheit ist, dass wir versuchen, möglichst vieles gleichzeitig oder „zeitsparend“ zu erledigen. Das jedoch führt nicht automatisch zu weniger Stress. Im Gegenteil hetzen wir uns oft noch mehr ab und unser Verhalten hat auch häufig schädliche Folgen für die Umwelt.  

Zeit sparen geht oft auf Kosten der Umwelt

In Deutschland bestellen die Menschen immer mehr Dinge im Internet und schicken dann vieles wieder zurück. Ein Grund ist, dass es scheinbar oft schneller geht, ein paar Dinge in den Warenkorb zu klicken als einen Nachmittag lang mehrere Geschäfte aufzusuchen. Die Folge sind aber ein stetig wachsender Berg von Verpackungsmüll sowie der immer weiter steigende Ausstoß des klimaschädlichen CO2.

Auch für unser Essen nehmen wir uns immer weniger Zeit. Wir kaufen „fast food“ und Fertiggerichte, statt selbst zu kochen. Wenn wir essen, dann essen wir nicht nur, sondern erledigen meist noch Dinge nebenher. Zum Beispiel beißen wir im Bus ins Brötchen oder knabbern Chips während wir eine Serie schauen. Das ist ein Grund, warum wir dann oft mehr essen als wir brauchen, oder nicht aufhören zu essen, obwohl wir eigentlich satt sind.

Und natürlich kennen wir den Zeitstress auch aus der Schule. Auch hier muss alles möglichst zügig gehen, denn bald wird schon wieder eine Arbeit geschrieben, oder die Zeugnisse sind fällig. Hausaufgaben stressen, weil wir eigentlich auch noch zum Sport wollen oder mit Freund*innen verabredet sind.

Immer möglichst schnell sein führt jedoch gar nicht immer ans Ziel. Tatsächlich wünschen sich viele, dass ihr Leben weniger hektisch wäre. Eine aktuelle Studie der TU Berlin untersuchte, was Menschen mit einer gewonnenen Stunde Zeit tun würden. Die meisten antworteten „schlafen“, „erholen“, „Sport“ oder „Hobbies“. Sie wünschen sich also mehr Zeit für Erholung oder auch, um Freund*innen oder die Familie häufiger sehen zu können. Viele Menschen wollen also gar keinen so stressigen Alltag haben.

Unsere Bedürfnisse bestimmen, wie wir unsere Zeit gestalten

Aber wie schaffen wir es denn, uns weniger zu stressen und uns dabei vielleicht auch nachhaltiger zu verhalten? Wie wir unsere Zeit nutzen ist zum Teil durch äußere Bedingungen oder Zwänge bestimmt. Viele Jugendliche können sich etwa nicht aussuchen, ob sie zur Schule gehen möchten oder nicht. Einen wesentlichen Anteil daran, wie wir unsere Zeit gestalten, haben aber auch unsere individuellen Bedürfnisse. 

Was machen wir zum Beispiel als erstes, wenn wir aus der Schule kommen? Etwas essen? Schlafen? Oder uns mit dem Smartphone zurückziehen? Dahinter können ganz unterschiedliche Bedürfnisse stehen. Zum Beispiel essen wir, wenn wir Hunger haben. Oft aber essen wir auch, weil wir eigentlich müde sind und uns Zucker vermeintlich neue Energie gibt.

Es ist gar nicht so einfach, herauszufinden, was gerade das Bedürfnis ist, das unsere Zeitgestaltung bestimmt. Überlegt mal: Wann habt ihr euch zuletzt gelangweilt? Und was habt ihr dann getan, um keine Langeweile mehr zu empfinden? Netflix oder Smartphone? Ohne diese schlechtreden zu wollen, sollten wir uns dennoch einmal bewusst machen, dass die Nutzung elektronischer Geräte und von Streamingdiensten viel Energie benötigt und damit ebenfalls den Klimawandel befördert.

Wie kann ich lernen, wie meine Bedürfnisse und meine Zeitgestaltung zusammenhängen?

Sich über die eigenen Bedürfnisse klar zu werden, ist gar nicht so einfach. Aber es lohnt sich, in sich hineinzuspüren und sich zu fragen „Warum mache ich das, was ich gerade tue, eigentlich?“ Esse ich, weil ich Hunger habe? Oder weil mir langweilig ist? Bestelle ich zehn Kleidungsstücke zur Auswahl und schicke acht wieder zurück? Oder nehme ich mir doch lieber die Zeit ins Geschäft oder auch zum Flohmarkt zu gehen?

Niemand ist perfekt, das ist klar. Aber wir können auch im stressigen Alltag versuchen, freie Zeit zu schaffen, und Dinge zu tun, die gut für uns sind. Und somit vielleicht auch etwas Gutes für unsere Umwelt tun.

Bald beginnt die Weihnachtszeit, die von vielen auch als anstrengend empfunden wird. Wie wäre es, sich einmal ein wenig Zeit zu nehmen für sich selbst? Oder sich gegenseitig Zeit zu schenken statt materieller Geschenke? Zum Beispiel mit den Freund*innen ein schönes Essen gemeinsam kochen, oder mit der Familie einen Ausflug planen?


Claire Grauer

Leuphana Universität Lüneburg, Wissenschaftliche Mitarbeiterin im BMBF-geförderten Projekt ReZeitKon, in dem sie zum Thema Zeit als Ressource für Nachhaltigkeit in der Bildung für Nachhaltige Entwicklung forscht. Aus dem Projekt ist unter anderem das Bildungstoolkit NachhaltigZeit entstanden. Dieses stellt zwölf Lernaktivitäten vor, mit denen ein Bewusstsein für den Zusammenhang unserer Zeitnutzung mit unseren individuellen Bedürfnissen gefördert werden kann.

Photo by Wil Stewart on Unsplash

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