Sustainable Development Goals – Was ist das eigentlich? Teil 1

Die Grundidee der Ziele für nachhaltige Entwicklung

Ursprung der SDGs

SDG steht für „Sustainable Developement Goals“ oder „Ziele für nachhaltige Entwicklung“ auf Deutsch. Deutschland hat sich zusammen mit den 192 weiteren Mitgliedsstaaten der UN diese Ziele gegeben. Der Ursprung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung liegt in der Agenda 2030 mit dem Titel „Transformation unserer Welt: Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. Sie wurde am Anfang der 2010er Jahre konzipiert, im September 2015 von allen Mitgliedsstaaten der UN unterzeichnet und trat 2016 in Kraft. Die Agenda 2030 hat 15 Jahre Laufzeit, also bis Ende 2030, und beinhaltet Themenkomplexe wie Armut, Geschlechtergerechtigkeit, wirtschaftliches Wachstum oder Klimaschutz. Insgesamt haben die 17 allgemeinen Ziele 169 Unterziele.

Die UN Generalversammlung nennt diese Motivation für die Agenda 2030:

Diese Agenda ist ein Aktionsplan für die Menschen, den Planeten und den Wohlstand. Sie will außerdem den universellen Frieden in größerer Freiheit festigen. Wir sind uns dessen bewusst, dass die Beseitigung der Armut in allen ihren Formen und Dimensionen, einschließlich der extremen Armut, die größte globale Herausforderung und eine unabdingbare Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung ist. Alle Länder und alle Interessenträger werden diesen Plan in kooperativer Partnerschaft umsetzen. Wir sind entschlossen, die Menschheit von der Tyrannei der Armut und der Not zu befreien und unseren Planeten zu heilen und zu schützen. Wir sind entschlossen, die kühnen und transformativen Schritte zu unternehmen, die dringend notwendig sind, um die Welt auf den Pfad der Nachhaltigkeit und der Widerstandsfähigkeit zu bringen. Wir versprechen, auf dieser gemeinsamen Reise, die wir heute antreten, niemanden zurückzulassen.

S.1, Präambel der Resolution der Generalversammlung, verabschiedet am 25. September 2015

In der Vorgängeragenda Agenda 21 wurden die sogenannten Millenniumsziele verfasst. Diese richteten sich jedoch nur an die sogenannten „Entwicklungsländer“ (Achtung! Der Begriff „Entwicklungsland“ wird zwar von vielen internationalen Organisationen genutzt, ist aber kritisch zu hinterfragen – mehr dazu gibt es in diesem bpb Artikel „Entwicklungsdefizite und mögliche Ursachen“ und in dem Interview mit Aram Ziai auf nd.aktuell). Die Agenda 2030 hingegen wendet sich an alle Mitgliedsstaaten der UN. Also haben 193 Staaten auf der Welt unterschieben, sich gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft einzusetzen.

Zur Überprüfung des Umsetzungsstandes findet einmal jährlich das sogenannte High Level Political Forum on Sustainable Development (HLPF, dt.: Hochrangiges Politisches Forum für Nachhaltige Entwicklung) in New York statt, bei dem die Staaten über den Stand der SDG-Umsetzung berichten können. Darüber hinaus geben einige Staaten freiwillige Berichte über ihre Fortschritte, darunter auch Deutschland. Alle zwei Jahre veröffentlicht dafür das Statistische Bundesamt den sogenannten Indikatorenbericht, der als Basis für eine Anpassung der Maßnahmen durch die Bundesregierung dient.

Eine genauere Darstellung der Geschichte und Entwicklung der SDG und der Agenda2030 gibt es unter anderem auf der Internetseite 2030watch.

Gruppierung der Themen der Ziele für nachhaltige Entwicklung

In der Resolution der Generalversammlung der UN vom 25.09.2015 gruppieren die unterzeichnenden Staaten die Themen der SDGs in:

Menschen (Armut, Hunger, Würde & Gleichheit, gesunde Umwelt),

Planet (Schutz vor Schädigung, nachhaltiger Konsum, nachhaltige Produktion, nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, umgehende Maßnahmen gegen den Klimawandel, für kommende Generationen),

Wohlstand (ein von Wohlstand geprägtes und erfülltes Leben, wirtschaftliche, soziale und technische Fortschritte),

Frieden (friedliche, gerechte und inklusive Gesellschaften fördern, frei von Flucht und Gewalt, Frieden <-> nachhaltige Entwicklung)

und Partnerschaft (globale Partnerschaft soll mobilisiert werden um nachhaltige Entwicklung zu verwirklichen, globale Solidarität).

Zu diesen Themenschwerpunkten würden wir grob die folgenden Ziele aus der Liste der SDGs zuordnen:

Menschen:
1 Keine Armut, 2 Kein Hunger, 3 Gesundheit und Wohlergehen, 4 Hochwertige Bildung, 5 Gleichberechtigung der Geschlechter, 6 Sauberes Wasser und Sanitäre Einrichtungen, 10 Weniger Ungleichheiten, 11 Nachhaltige Städte und Gemeinden

Planet:
7 Bezahlbare und saubere Energie, 12 Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster, 13 Maßnamen zum Klimaschutz, 14 Leben unter Wasser, 15 Leben an Land

Wohlstand:
4 Hochwertige Bildung, 6 Sauberes Wasser und Sanitäre Einrichtungen, 8 Menschenwürdige Arbeit und wirtschaftliches. Wachstum, 9 Industrie, Innovation und Infrastruktur, 10 Weniger Ungleichheiten , 11 Nachhaltige Städte und Gemeinden, 12 Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster

Frieden:
16 Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen

Partnerschaft:
17 Partnerschaften zur Erreichung der Ziele

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung lauten:

1 Keine Armut
2 Kein Hunger
3 Gesundheit und Wohlergehen
4 Hochwertige Bildung
5 Geschlechtergerechtigkeit
6 Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen
7 Bezahlbare und saubere Energie
8 Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum
9 Industrie, Innovation und Infrastruktur
10 Weniger Ungleichheiten
11 Nachhaltige Städte und Gemeinden
12 Verantwortungsvoller Konsum und Produktion
13 Maßnahmen zum Klimaschutz
14 Leben unter Wasser
15 Leben an Land
16 Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen
17 Partnerschaften zur Erreichung der Ziele

Wenn du auf die Verlinkung jedes Ziels klickst, dann kommst du zu den Unterzielen jedes Hauptziels.

Weiterführung: Hier geht es zum Entschluss zur Agenda 2030, in dem alle Unterziele aufgelistet sind.

Sind die SDGs genug?

Die Ziele für nachhaltige Entwicklung wurden von allen Mitgliedsstaaten der UN unterzeichnet, alle haben sich also dazu verpflichtet, diesen Zielen nachzukommen und sie zu verwirklichen. Das heißt aber auch, dass in der Konzeption und der Formulierung der Ziele der kleinste gemeinsame Nenner gefunden werden musste, auf den sich alle Staaten einigen konnten. Dabei sind jedoch einige Kontexte bei der Betrachtung von globalen und lokalen Problemen verloren gegangen.

Die Frage nach den Ursachen für die Probleme, die durch die 17 Ziele gelöst werden sollen, wird gar nicht thematisiert. Ungleichheiten in der Welt, ob wirtschaftlich, sozial oder ökologisch beruhen auch auf einem geschichtlichen Hintergrund, der nicht oft genannt wird. Die wirtschaftliche Stärke einiger europäischer Staaten, der USA oder von Großbritannien kommt daher, dass sie in der Vergangenheit auf Kosten anderer Länder, Menschen und Regionen ihren Reichtum angesammelt haben. Dazu gehörte auch die Kolonialisierung von nicht-europäischen Menschen und Regionen. Zwar findet keine Kolonialisierung in dieser „klassischen“, in der Geschichte zu findenden Art und Weise mehr statt, aber ihre Resultate und Nachwirkungen sind heute noch zu spüren und vielerorts bestehen koloniale Strukturen weiter fort: Viele Länder im Globalen Süden sind immer noch abhängig von ihren ehemaligen Kolonialmächten. Einige dieser Staaten aus dem Globalen Norden haben weiterhin Interesse daran, diesen Status beizubehalten, um keine Macht, ob politisch oder wirtschaftlich, einzubüßen. Das Wort „kolonial“ kommt nur ein einziges Mal in dem 38 Seiten langen Dokument vor:

Aus der Erklärung:

„Wir fordern, dass weitere wirksame Maßnahmen im Einklang mit dem Völkerrecht ergriffen werden, um die Hindernisse für die volle Verwirklichung des Rechts der unter kolonialer und ausländischer Besetzung lebenden Völker auf Selbstbestimmung zu beseitigen, die ihre wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie ihre Umwelt weiterhin beeinträchtigen.“

S.10, Punkt 35 der Erklärung der Agenda2030

Das bezieht sich allerdings nur auf Völker, die heute noch in besetzten Regionen leben. An keiner weiteren Stelle wird darauf eingegangen, dass es diese Machtunterschiede heute noch gibt, weil europäische Staaten Jahrhunderte lang andere unterdrückt und ausgebeutet haben. Diese Fakten mit den Zielen zu vermitteln, würde einen vollständigeren Blick auf die Situation geben, die die Ziele bekämpfen wollen.

So kann man auch einzelne Ziele genauer unter die Lupe nehmen. Hier in Deutschland ist es natürlich einfacher, die SDGs zu hinterfragen und Punkte herauszuarbeiten, bei denen SDGs nicht genug sind. Zum Beispiel werden in dem Ziel 5 Gleichberechtigung der Geschlechter nur Frauen und Mädchen angesprochen, nicht-binäre Menschen werden gar nicht erwähnt. Es gibt sie also nicht? Und was ist mit anderen Formen von Diskriminierung auf der Welt? Durch Hautfarbe, Religion, Sexualität etc.? Das ist wieder mit dem Blick auf den Kontext der Entstehung der Agenda 2030 zu betrachten. Unter 193 Mitgliedsstaaten der UN gibt es immer noch Staaten, in denen Homosexualität eine Straftat ist oder es ein Zweiklassensystem durch verschiedene Religionen oder ethnische Zugehörigkeit gibt.

Ein anderer Aspekt, der kaum beleuchtet wird, ist die Kritik am Kapitalismus selbst. Ziel 8 verlangt weiteres Wirtschaftswachstum – dieses soll zwar menschenwürdig gestaltet werden, jedoch ist das kapitalistische System der Hauptauslöser der Klimakatastrophe. Auch dieser Zusammenhang wird nicht ausreichend beleuchtet.

Die SDGs sind ein guter Ansatz, um eine nachhaltigere und gerechtere Welt zu schaffen, aber vielleicht können wir ja – passend zum Ziel 17 Partnerschaften – gemeinsam mit anderen Menschen auf der Welt darüber nachdenken, was es darüber hinaus Konkretes braucht, um diese Welt zu schaffen.

Gesetze-Tracker der Ziele für nachhaltige Entwicklung in Deutschland

Die Internetseite 2030watch wird betrieben vom Forum Umwelt und Entwicklung und bietet einen Gesetze-Tracker darüber, welche Gesetze über Nachhaltigkeit die Regierung umsetzen will. Das ist dahingehend interessant, dass man sieht, wo die aktuelle Regierung von SPD-Grüne-FDP ihre Schwerpunkte nach fast drei Jahren im Amt setzt. 2030watch hat Gesetzesvorschläge formuliert und fasst auf ihrer Seite zusammen, welche davon von der Regierung davon schon umgesetzt wurden, welche die Möglichkeit haben umgesetzt zu werden und welche wohl gar nicht in Betracht gezogen werden. Beim aktuellen Stand (April, 2024) sieht man, dass es Vorstöße bei den Zielen 1 Keine Armut, 3 Gute Gesundheitsversorgung, 4 Hochwertige Bildung, 7 Erneuerbare Energie, 8 Gute Arbeitsplätze und Wirtschaftliches Wachstum, und 17 Partnerschaften aufbauen gab. Bei diesen Zielen gab es ein neues Gesetz, das die Ampel laut Koalitionsvertrag umsetzten möchte. Bei einigen dieser Ziele möchte sie manche der Vorschläge in veränderter Form umsetzen.

Jedoch hat die aktuelle Regierung bei den Zielen 2 Keine Hungersnot, 13 Klimaschutz und 14 Leben im Wasser keinerlei Anliegen, die Vorschläge der Organisation (z. B. Beendigung von klimaschädlichen Subventionen, Verbot von Kurzstreckenflügen innerhalb Deutschlands von unter 500 km, eine Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes für eine Gleichberechtigung von Schutz und Nutzung der Meere, Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung oder ein Verbot von an Kinder gerichteter Lebensmittelwerbung) umzusetzen. Die Vorhaben der Regierung und der Stand jedes Vorhabens sind auf dieser Seite gut veranschaulicht zu finden.

Weiterführendes auf unserem Blog:

Hier geht es zu einem vorherigen Blogeintrag von uns über die Nachhaltigkeitsziele als zentrales Leitbild von Organisationen.

Im Oktober 2023 hat der Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen (VNB e. V.) seine Schulaktionen auf unserem Blog vorgestellt: was!wir!euch!zu!sagen!haben! Eure Botschaft für eine bessere Welt.

Im nächsten Teil dieser Reihe schauen wir auf den Halbzeitbericht der Agenda2030, da diese nun schon seit siebeneinhalb Jahren läuft.

Quellen:

Beitragsbild von UNRIC, https://drive.google.com/drive/folders/19GFktmvW2OAE9FIyQjc7ChPnYyTHN0T_.

BMZ: Die Agenda 2030, Berichte: https://www.bmz.de/de/agenda-2030.

PDF der Generalversammlung zum Entschluss zur Agenda 2023: https://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf.

SDG-Portal: https://sdg-portal.de/de/.

Statistisches Bundesamt, Indikatorenbericht: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Nachhaltigkeitsindikatoren/_inhalt.html.

Ziele für nachhaltige Entwicklung, UNRIC – Regionales Informationszentrum der Vereinten Nationen: https://unric.org/de/17ziele/.

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