Hungern oder bluten? Die Armut der Periode

Rund 800 Mio. Menschen menstruieren täglich. Sie durchlaufen ca. 500-mal im Leben die Monatsblutung. Dabei haben 62 % der Betroffenen keinen Zugang zu sauberem Wasser bzw. Toiletten (PDF-Downloadlink). Dazu kommt, dass menstruierende Personen in ihrem Leben schätzungsweise 7.000 Euro für Hygieneprodukte ausgeben und zwischen 12.000 und 17.000 dieser Produkte verbrauchen.

Vielen ist dabei nicht bewusst, das Menstruieren in unserer Gesellschaft auch eine Frage des Geldes sein kann. Menstruierende können sich nicht aussuchen, ob sie einmal im Monat ihre Periode bekommen. Die Blutung setzt ein, ob sie das nötige Kleingeld haben oder eben nicht. Genau um dieses Thema soll es in diesem Beitrag gehen. Die Periodenarmut!

Was ist Periodenarmut?

Periodenarmut drückt die wirtschaftliche Verwundbarkeit Menstruierender aus. Es geht dabei um einen fehlenden Zugang zu Hygieneartikeln. Mehr als 500 Mio. Menschen weltweit leiden unter Periodenarmut. Einwegprodukte wie Tampons oder Binden sollten nach dem Gebrauch entsorgt werden. Dadurch ergibt sich eine Abhängigkeit von besagten Produkten. Es gibt mittlerweile zwar auch wiederverwertbare Alternativen, wie die Menstruationstasse oder Periodenunterwäsche mit integrierter Binde, doch kosten solche Produkte jede Menge Geld und sind zudem noch unpraktisch, wenn man keinen Zugang zu sauberen Sanitäranlagen hat. Weitere kostenintensive, häufig unabdingbare Dinge, die Menstruierende brauchen sind beispielsweise Unterwäsche, Schmerztabletten und Wärmekissen.

Die mit der Periode einhergehende Stigmatisierung (PDF-Downloadlink) fällt auch unter den Begriff der Periodenarmut. Stigmatisierung von Menstruierenden meint, dass Menschen, die bluten, gerade wegen dieser Tatsache negativ bewertet werden.

Wer ist betroffen?

Allein in Berlin leiden rund 2.500 menstruierende Obdach- und Wohnungslose an Periodenarmut. In Bezug auf ganz Deutschland geht man von ca. 100.000 Betroffenen aus. Hauptproblem bei den meisten ist, dass sie sich die Periodenprodukte nicht leisten können. Dazu kommt, dass in unserer heutigen Gesellschaft die Monatsblutung immer noch zu einem Tabuthema gehört. Die Tabuisierung der Periode führt unter anderem dazu, dass das Thema der Periodenarmut so unbekannt ist.

Nicht nur obdach- und wohnungslose Menschen müssen gegen das Tabu der Menstruation und gegen die Periodenarmut ankommen. Häufig sind auch junge Erwachsene und Menstruierende mit geringerem Einkommen davon betroffen. Aus einem Angst- und Schamgefühl heraus wird nicht über die Problemlage gesprochen, sondern versucht mit Socken, Taschentüchern oder Stofffetzen dagegen vorzugehen. Manche verwenden Binden oder Tampons zu lange und riskieren damit ihre Gesundheit. Durch eine unangemessene Verwendung von Hygieneprodukten aufgrund fehlenden Geldes kann es zu Entzündungen im Geschlechtsorgan kommen, die bis hin zur Unfruchtbarkeit führen können.

Was hat Periodenarmut mit den SDGs zu tun?

Die Erfüllung der Hygienebedürfnisse aller Menstruierenden ist eine grundlegende Frage der Menschenrechte, der Würde und der öffentlichen Gesundheit. Mit Blick auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen finden wir unter den 17 Zielsetzungen auch solche Ziele wieder, die zur Entwicklung der Sicherung der Menstruierenden beitragen können. Hier ist beispielsweise das erste Ziel zu nennen: Sicherstellung des Rechts auf eine angemessene Grundversorgung. Im dritten Ziel geht es um die Sicherung eines gesunden Lebens und die Förderung des Wohlbefindens in allen Altersgruppen. Dieser kurze Exkurs soll verdeutlichen, dass Periodenarmut auf verschiedenen Ebenen betrachtet und behandelt werden sollte.

Was tun?

Periodenarmut ist ein weltweites Problem und führt unter anderem in Ländern wie den USA, Indien, Kenia oder Deutschland zu großen Herausforderungen. Mittlerweile gibt es einige Bewegungen, die sich der Periodenarmut angenommen haben und durch Spenden, mediale Posts sowie Petitionen (z. B. Steuersenkung auf Periodenprodukte) versuchen über die Problemlage aufzuklären und für Veränderung zu sorgen.

So auch der Verein Social Period e. V., der sich aktiv gegen Periodenarmut einsetzt und mit Hilfe von Spendenboxen in Supermärkten Hygieneprodukte für obdach- und wohnungslose Menschen sammelt. Die meist ehrenamtlichen Bewegungen sind sehr wichtig beim Kampf gegen die Periodenarmut. Doch um langfristig etwas zu verändern, brauchen wir Gesetze und Richtlinien, die allen einen Zugang zu Hygieneprodukten ermöglichen. Binden und Co. sollten ebenso selbstverständlich auf öffentlichen Klos zu Verfügung stehen wie Klopapier.

-Aline Nagel-


Photo von Monika Kozub auf Unsplash

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