02 Okt 2020 Bergkarabach: Bericht über einen alten Konflikt
Seit einigen Tagen wird in den aktuellen Nachrichten immer wieder über den Konflikt von Bergkarabach berichtet. Bergkarabach? Wo ist das eigentlich und was soll das für ein Konflikt sein?
Bergkarabach oder auch Republik Arzach liegt im Süden des Kaukasus, auf angeblich aserbaidschanischem Staatsgebiet umgeben von sieben aserbaidschanischen Bezirken, die heute unter armenischer Kontrolle stehen. Die Republik ist stark mit Armenien verflochten und knapp doppelt so groß wie das Saarland. Die 150.000 Menschen, die dort leben, sind zu 99 % Armenier*innen und überwiegend christlichen Glaubens.
1991 erklärte Bergkarabach nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Unabhängigkeit, die bis heute nicht anerkannt wurde. Politikwissenschaftlich bezeichnet man Bergkarabach deshalb als De-facto-Staat.
Worum geht es in dem Konflikt um Bergkarabach?
In dem Konflikt geht es vor allem um die Kontrolle von Territorium. Sowohl Armenien als auch Aserbaidschan erheben Anspruch auf das Gebiet von Bergkarabach. Aserbaidschan möchte dabei das in ihren Augen von Armenien besetzte Gebiet zurück, das neben Bergkarabach auch die sieben umliegenden Bezirke betrifft. Armenien ist in erster Linie an einer Aufrechterhaltung des Status Quo interessiert und langfristig an der Loslösung des Gebietes von Aserbaidschan.
Somit treffen in diesem Konflikt zwei völkerrechtliche Prinzipien aufeinander: Das der territorialen Integrität, auf das sich Aserbaidschan beruft, und das Recht von nationaler Selbstbestimmung, auf das sich die armenische Bevölkerung in Bergkarabach beruft.
Die historischen Wurzeln des Konflikts in der Kaukasusregion reichen weit in die Geschichte des Omanischen Reiches, des Zarenreiches sowie der Sowjetunion hinein. Bergkarabach, das schon seit Urzeiten nach Autonomie strebte und in dem sich u. a. viele Überlebende des Genozids an den Armenier*innen ansiedelten, wurde im Zuge des Verfalls des Zarenreiches in die Aserbaidschanische Republik eingefügt. Kurzgefasst bot diese Entscheidung Konfliktpotential über Jahrzehnte des Bestehens der Sowjetunion. Mit dem Ende dieser riefen die Armenier*innen in Bergkarabach ihre eigene Republik aus, was zu einem Krieg führte, der bis Mai 1994 tausenden Soldaten auf beiden Seiten das Leben kostete. Seit 1994 herrscht ein maßgeblich durch Russland vermittelter Waffenstillstand zwischen den Konfliktparteien, doch wird dieser immer wieder durch militärische Ausschreitungen unterbrochen, zuletzt seit dem vergangen Sonntag.
Das aktuelle Konfliktgeschehen
Die aktuelle Offensive Aserbaidschans wird vom türkischen Präsidenten Erdoğan massiv unterstützt, was international zu großer Beunruhigung führt. Die Rolle Russlands könnte hier entscheidend sein, da Russland zwar keinen Krieg mit Aserbaidschan anfangen möchte, doch mit Armenien in einer Militärallianz verbündet ist. Nun besteht die Hoffnung, dass Russland als Vermittler zwischen den Konfliktparteien bald wieder für Gespräche sorgt.
Berichte aus Bergkarabach
Im Mai 2019 bereiste meine Schwester Maren mit einem Freund zusammen die Republik Bergkarabach. Auf ihrem Weg über Land per Anhalter in den Iran kamen sie durch Zufall in die Region und können darüber berichten. Ich habe Maren ein paar Fragen zu Bergkarabach gestellt.
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