Streit um den Nil – Der Wasserkonflikt zwischen Äthiopien und Ägypten

Wasser ist seit jeher eine der wichtigsten Ressourcen für menschliches Leben, doch durch den Klimawandel oder durch Umweltverschmutzung wird diese Ressource immer knapper. Gerade in Ländern, welche sowieso schon unter Dürren und Trockenheit leiden, verschärfen sich bereits vorhandene Probleme wie Ernteausfälle, Hungersnöte und Mangel an sauberem Trinkwasser. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Zahl der Konflikte um Wasser in den letzten zehn Jahren stark angestiegen ist. Oft wird sich im Rahmen dieser Konflikte um die Kontrolle und die Verteilung des Wassers gestritten: so auch in dem langwierigen Streit zwischen Äthiopien und Ägypten.

Äthiopiens Staudamm – Der Weg aus der Armut

Anfang dieses Jahres eröffnete Äthiopiens Regierung den Grand Ethiopian Renaissance Dam (GERD), ein Bauprojekt, welches schon seit zehn Jahren besteht. Der 145 Meter hohe Staudamm wird nach seiner geplanten Fertigstellung in drei Jahren der größte Damm Afrikas sein, wodurch Äthiopien zum größten Energieproduzenten des Kontinents wird. Zunächst ist nur eine von insgesamt 13 Turbinen aktiv, doch in Zukunft wird Äthiopien knapp 6000 Megawatt Strom produzieren und damit 60 Prozent der Bevölkerung versorgen können. Zusätzlich kann das Land die überschüssige Energie gewinnbringend an andere Länder verkaufen, wodurch es zu einem Energieexporteur wird. Hierfür ist es allerdings notwendig, den Blauen Nil kurz vor der Grenze zum Sudan aufzustauen. Ein Vorhaben, welches in Ägypten auf Entsetzen stößt.

Der Nil als Lebensgrundlage für Ägypten

Obwohl Äthiopiens Regierung versprochen hat, das aufgestaute Wasser lediglich zur Energiegewinnung und nicht zu Bewässerung zu nutzen, sieht das Land Ägypten, welches für seine Wasserversorgung nahezu vollständig auf den Nil angewiesen ist, eine Bedrohung für die eigene Existenz in dem Staudamm. So berufen sie sich auf ein früheres Abkommen, in welchem die britische Kolonialherrschaft den Ländern Ägypten und Sudan die alleinige Nutzung des Nilwassers zugesprochen hat und drohen Äthiopien, sollte dieses das Abkommen missachten.

Die Äthiopierinnen und Äthiopier gehen in diesem Abkommen allerdings leer aus. Zwar entspringt die Quelle des Blauen Nils in ihrem eigenen Land, allerdings fließt er dort vorrangig durch das Hochland, wo er nicht für landwirtschaftliche Zwecke genutzt werden kann. Durch Ägypten fließt hingegen der wasserreiche Nil, welcher sich aus dem Blauen und dem Weißen Nil zusammensetzt und daher landwirtschaftliche Erträge ermöglicht. Somit genießt Ägypten die Vorteile des Flusses, während die Menschen in Äthiopien von Hungersnöten geplagt werden. Der GERD stellt daher endlich eine Möglichkeit der Teilhabe für Äthiopien am Wasser und somit auch am Profit des Nils dar, während er für Ägypten genau das Gegenteil bedeutet.

Kein Kompromiss in Sicht

Für das nordostafrikanische Land Äthiopien war der Bau des Staudamms eine bemerkenswerte Investition. Der rund 4,2 Milliarden teure Damm wurde größtenteils von dem Land alleine finanziert, nicht zuletzt, weil westliche Investorinnen und Investoren eine Auseinandersetzung mit Ägypten fürchteten. So nahmen Menschen aus der Bevölkerung Schulden auf und Beamtinnen und Beamte verzichteten auf ihre Monatsgehälter, um diese für den Bau des GERD zu spenden.

Ägypten jedoch sieht in dem Damm eine Bedrohung und befürchtet selbst vom Wasser abgeschnitten zu werden, sobald Äthiopien den GERD befüllt. Beide Parteien betonen zwar, bei dem Konflikt auf Verhandlungen setzen zu wollen, doch geben sie sich in diesen kompromisslos. Demnach scheiterten bis jetzt auch alle Vermittlungsversuche des UN-Sicherheitsrats oder der Afrikanischen Union.

Ein Lösungsansatz zielt beispielsweise auf eine effizientere Wassernutzung in der Landwirtschaft in Ägypten ab, da das Land auf veraltete Methoden in der Bewässerung seiner Felder setzt. Diese Lösung lehnt die ägyptische Regierung allerdings ab, da sich viele ärmere Bäuerinnen und Bauern die Investition in moderne Bewässerungsanlagen nicht leisten könnten. Andere Kompromisse lehnt wiederrum Äthiopien ab und so bleibt der Konflikt in den Ländern des Nils ohne Lösung.

Globaler Trend – Konflikte um Wasser nehmen zu

Der Streit um den Nil in Äthiopien und Ägypten ist allerdings bei Weitem nicht der einzige Wasserkonflikt. Daten des Pacific Institutes zeigen eine Zunahme an Konflikten um Wasser in den letzten zehn Jahren in fast allen Regionen der Welt. Vorreiter hierbei ist Asien: Waren es im Zeitraum von 2000 bis 2009 noch 111 Konflikte, so sind es im darauffolgenden Jahrzehnt schon 388. Und auch in Afrika konnten im Zeitraum von 2010 bis 2019 insgesamt 150 Konflikte gezählt werden, in denen Wasser als Waffe verwendet wird oder der Auslöser für den Konflikt ist.

Eine Abnahme der Zahl der Konflikte ist, gerade mit Blick auf den Klimawandel, wohl eher unwahrscheinlich. Institute wie das IPCC warnen schon seit langem davor, dass sich die Wasserknappheit durch den Klimawandel verstärken wird und je knapper das Wasser wird, desto größer wird vermutlich auch die Zukunftsangst derer, die heute schon vom Wassermangel betroffen sind.

-Marie-

Quellen (abgerufen am 12. Mai 2022):

https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/aethiopien-staudamm-103.html

https://www.tagesschau.de/ausland/afrika/aegypten-staudamm-landwirtschaft-101.html

https://www.sueddeutsche.de/politik/aegypten-aethiopien-konflikt-staudamm-wasser-sudan-1.5273111

https://www.dw.com/de/wasserkrieg-zwischen-%C3%A4gypten-und-%C3%A4thiopien/a-16879225

https://www.sueddeutsche.de/politik/aethiopien-damm-gerd-1.5533655

https://www.oxfam.de/system/files/oxfam_wasserkrisen-durch-klimawandel-web.pdf

https://www.dw.com/de/staud%C3%A4mme-wasser-macht-und-politik/g-61316854

https://www.spiegel.de/ausland/staudamm-gerd-aethiopien-staut-aegypten-schaeumt-a-c4712580-018f-4383-b392-3e0213cf0238


Beitragsbild von Daniele Levis Pelusi auf Unsplash

No Comments

Post A Comment