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Privatisierung von Wasser – Wenn Wasser zum Finanzgut wird

Hitzewellen, Dürreperioden und Brandgefahr – die letzten Sommer haben uns klar gemacht, dass es durch den Klimawandel heißer wird! Und mit der Hitze steigt auch die Nachfrage an Wasser an. 70% des Wasser wird weltweit zur Nahrungsmittelproduktion verwendet. Wasser wird für ziemlich alles benötigt und ist damit die begehrteste Ressource auf der ganzen Welt. „Blaues Gold“ wird es mittlerweile sogar betitelt. Wie sollte Mensch darauf reagieren? Die Finanzwelt hat eine Idee: den Wasserpreis erhöhen und Märkte schaffen. Dieser Vorschlag steht im direkten Kontrast zur UN Menschenrechtskonvention, in der seit dem 28. Juli 2010 das Recht auf Wasser als Menschenrecht aufgenommen wurde. 122 Staaten stimmten damals für die Resolution, 44 enthielten sich. Einer der Gründe: viele Länder haben nicht das Geld, um die Wasserversorgung zu verbessern.

Privatisierungen in Europa

Gemeinden haben eine jeweils eigene Trinkwasserversorgung. Das ist überall auf der Welt gleich. Sie müssen das Rohrnetzwerk in Stand halten und den Zugang zu sauberem Wasser schaffen. Wen die Kommunen allerdings Geldnot herrscht, denken diese häufig darüber nach, die Wasserversorgung an private Unternehmen zu verkaufen. In Europa fing die Privatisierung des Wassers schon in den 1980er Jahren an und wurde seitdem viel und in unterschiedlichen Modellen kopiert: So beispielsweise in Portugal, Grenoble, Potsdam, Stuttgart, Kiel und Berlin. Um die Gewinnspanne zu erhöhen, wurden nötige Wartungsarbeiten eingespart und stattdessen in die eigene Tasche gewirtschaftet. Verunreinigtes Wasser und/oder extreme Anstiege des Wasserpreises waren die Folgen.

Wenn Wasser zum Finanzgut in der Entwicklungszusammenarbeit wird

Die Weltbank hingegen schätzt die Chancen und Risiken anders ein. Sie macht die Privatisierung des Wassersektors oft zur Auflage für neue Kredite. So auch in Manila auf den Philippinen, wo im Gegenzug zur Privatisierung neue Investitionen in das marode Netz versprochen wurden. Statt den Wartungsarbeiten folgten allerdings Preiserhöhungen. Wer nicht mehr zahlen konnte, wurde vom Netz abgehängt. Ghana ist ein Land, in dem nur in den Städten ein funktionierendes Rohrsystem vorhanden ist. Investitionen lohnten sich finanziell daher nur dort und der notwendige Ausbau von Rohrnetzwerken auf dem Land blieb folglich aus. In Cochamba, Bolivien, führte die Privatisierung zu einem regelrechten Wasserkrieg und Straßenschlachten in Folge der Preiserhöhungen. Aufgrund des Drucks der Bevölkerung wurde die Wasserversorgung schließlich  wieder re-kommunalisiert.

Chile und der Código de Agua

Das extremste Beispiel ist Chile, das einzige Land der Welt, in dem die Wasserversorgung fast vollständig privatisiert ist. Gleichzeitig belegt es laut World Resources Institute Platz 18 der Länder, die am meisten unter Wasserstress leiden. Wasserstress bedeutet, dass mehr Wasser verbraucht wird als auf natürlichem Weg nachkommt, beispielsweise durch Regen. Fast 80% des Wasserverbrauchs wird von der Agrarindustrie genutzt, weshalb es besonders in den Anbaugebieten zu Engpässen kommt. 400.000 Haushalte werden laut Regierung mit Tanklastwagen beliefert. Auch die Kleinbauern*bäuerinnen leiden, da die Plantagenbesitzer*innen den Zugang zum Wasser kontrollieren. Unter der Militärdiktatur Augusto Pinochets wurde mit dem Código de Agua die Vergabe von frei handelbaren Nutzungsrechten des Wassers eingeführt, die kostenlos sind, unbegrenzte Dauer haben und durch Privatpersonen teuer weiterverkauft werden. So konzentrieren sich nun die Wasserrechte in den Händen weniger Großunternehmer*innen.

Besonders hervor sticht der Avocado-Export. 1000 Liter Wasser sind für nur 2,5 Avocados nötig. Und die Nachfrage ist riesig: 2016 wurden alleine in die BRD mehr als 58.000 Tonnen importiert. Der Kurzfilm Secos stellt das Problem dar und veranschaulicht die Auswirkungen für die Bevölkerung.

Nestlés Abpumpen von Grundwasser

Ein Konzern, der immer wieder in die Kritik gerät, ist Nestlé und so auch beim Thema Wasser. In 36 Ländern hat das Unternehmen mit Sitz in der Schweiz Wasserrechte vom Staat gekauft und darf nun direkt aus dem Grundwasser abpumpen. Das Problem: Bei den Ländern handelt es sich um solche, die sowieso schon Wasserknappheit verzeichnen: Pakistan, Äthiopien und verschiedene Länder aus dem Süden Afrikas. Wenn Grundwasser abgepumpt wird, sinkt der Wasserspiegel. Die Folge: Die Natur leidet und Brunnen trocknen aus. Das Unternehmen verkauft das abgefüllte Wasser anschließend und macht so besonders in Dürrezeiten Gewinn. Ein weiterer Film befasst sich ausführlich mit dem Geschäft von Nestlé mit Wasser: Bottles Life.

Lust aktiv zu werden?

Eine Initiative, die sich für den Zugang zu sauberem Trinkwasser für alle Menschen einsetzt, ist Viva con Agua. Über die Hintergründe und wie du sie ganz einfach dabei unterstützen kannst, findest du hier.

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