25 Okt 2019 Little Home e.V. Köln – Engagement für Obdachlose
Könnt ihr euch vorstellen, kein Dach über dem Kopf zu haben? Alle für die diese Frage nur hypothetisch ist, können sich sehr glücklich schätzen. Denn sie gehören nicht zu den rund 1,2 Millionen Obdachlosen in Deutschland. Wieso Menschen auf der Straße leben und -noch viel wichtiger- wie wir ihnen helfen können, erfahrt ihr in diesem Artikel.
Bereits in den ersten Sekunden auf der Rolltreppe zur U-Bahnstation rieche ich den an Kohle erinnernden Geruch. Mit jedem Schritt wird der Geruch intensiver und die Bahngeräusche lauter. Beim Warten auf die Bahn fallen mir die paar Menschen auf, die komplett in Decken gehüllt schlafen. Wahrscheinlich sollen diese die enorme Lautstärke der fahrenden Bahnen abdämpfen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es klappt. Eigentlich kann ich mir gar nicht vorstellen, dass man bei dem Gestank, den Geräuschen der Bahn und in der Menschenmenge schlafen kann. Was in ihrem Leben wohl entscheidendes geschehen ist, dass sie hier gelandet sind?
Gründe für die Obdachlosigkeit
Wir haben bestimmt alle schon mal die klassischen Vorurteile gehört: „Das sind Alkoholiker, Junkies. Die geben das Geld doch nur für Drogen aus“, „Sie wollen so leben, den kann man nicht helfen“, sagt man um sein eigenes Gewissen zu beschwichtigen. Das soll nicht heißen, dass das alles gar nicht stimmt. Es gibt natürlich Obdachlose, die ihren Süchten nicht widerstehen können. Aber es sind nun mal Vorurteile und Verallgemeinerungen. Jeder Mensch erlebt was anderes und oft sind Situationen viel komplexer als man es von außen überhaupt wahrnehmen kann. Auch gibt es einige sogenannte „Aussteiger“, die freiwillig draußen leben. Aber die große Mehrheit lebt sicherlich nicht selbtbestimmt ohne Obdach.
Ein entscheidender Faktor ist nämlich die Armut. In den letzten Jahren hat die Anzahl der bezahlbaren Wohnungen drastisch abgenommen. Vor allem in Großstädten sind die Mietpreise oft unbezahlbar geworden. Städte wie Berlin, Frankfurt am Main oder München sind auch gerade die Städte, deren Anzahl an Wohnungslosen weitaus höher ist als in anderen. Auch ist die Anzahl der Sozialwohnungen aufgrund von Privatisierungen enorm gesunken. Oft kommen Schicksalsschläge wie Verlust, Verschuldungen oder Krankheit dazu, die den psychischen Zustand dieser Menschen so verschlechtern, dass sie ohne jegliche Hilfe von außen nicht ein neues Leben aufbauen können.
Was unternimmt der Staat
Der Satz: „In Deutschland muss niemand auf der Straße leben“ ist genauso gefällig wie die Vorurteile. Jeder hat das Recht auf Wohnen und Deutschland ist zwar auch verpflichtet jedem und jeder Bürger*in dieses Menschenrecht zu ermöglichen. Trotzdem gibt es aber Obdachlose, die diese Hilfe verweigern. Sei es aus der Gewohnheit an das Leben auf der Straße, psychischer Labilität oder aus anderen Gründen. Die Situationen und Gründe sind -wie schon gesagt- sehr individuell. Es werden den Wohnungslosen in Deutschland zwar auch betreute Wohnheime angeboten. Doch diese sind oft sehr überfüllt und sind keine langfristige Lösung. Um vom Leben auf der Straße endgültig zu entkommen, bräuchte man einen Job, den man aber ohne Wohnung nicht bekommt. Umgekehrt wird einem auch keine Wohnung vermietet, wenn man keinen Job hat.
Little Home für Obdachlose
Es gibt natürlich einige gemeinnützige Organisationen, in denen man sich ehrenamtlich engagieren kann, indem man Essen oder Kleidung spendet und an Bedürftige verteilt. Wir möchten euch aber ein kreatives Projekt vorstellen, nämlich Little Home e.V. Köln. Der 2016 von Sven Lüdecke gegründete Verein setzt sich aktiv durch den Bau von kleinen Wohnhütten für Obdachlose ein. Die Wohnboxen begrenzen sich auf ein paar Quadratmeter, beinhalten dafür aber das Nötigste und gewährleisten etwas sehr wichtiges, nämlich Privatsphäre. Little Home beschreibt:
„Im Inneren jedes Hauses befinden sich neben einer Matratze und einem Regal auch ein Erste-Hilfe-Set, ein Feuerlöscher, eine Campingtoilette, ein Waschbecken sowie eine kleine Arbeitsfläche mit der Möglichkeit zu kochen. Mit den Little Homes sollen Obdachlose einen Rückzugsort bekommen. Angefertigt werden die Wohnboxen daher zusammen mit den Wohnungslosen sowie freiwilligen Helfern. So entsteht eine Brücke in die Gesellschaft, das Miteinander und nicht zuletzt die Identifikation des Bewohners mit seinem neuen Heim werden gefördert.“ Und:
„Sie sind zwar nur ein erster, aber dennoch zentraler Schritt auf dem Weg zurück in die Gesellschaft. Vielleicht eine Art Probephase, eine kleine Oase auf dem Weg zur weiteren Resozialisierung. Denn auch das hat Little Home gezeigt: Die kleinen Häuser sind nur das Pflaster auf der Wunde. Der Rückweg ins System ist für die Bewohner – so sie dies anstreben – mühsam, teils sehr beschwerlich und mit vielen inneren und äußeren Widerständen verbunden.“
Allein in nur drei Jahren, hat der Verein es geschafft eine große Reichweite zu erreichen. Mittlerweile warten fast 18.000 Menschen auf die Schenkung einer Wohnbox. Das Projekt hat sich mittlerweile als erfolgreich erwiesen. Es wurden 117 Holzhäuser gebaut, 49 Obdachlose wurden in festen Wohnraum untergebracht und 43 von ihnen haben einen Job vermittelt bekommen.
Engagierte können sich in lokalen Gruppen über den Bau einer neuen Hütte informieren und selbstverständlich auch aktiv teilnehmen. Neben Köln ist Litte Home mittlerweile auch in Berlin, Bonn, Frankfurt am Main, Hamm, Nürnberg, Hamburg, Hannover und Darmstadt vertreten. Also falls es auch eine Little Home Gruppe in eurer Stadt geben sollte, seid ihr herzlich willkommen mitzumachen. Wir finden solche selbstlosen Projekte, ähnlich wie der Zuhör-Kiosk, großartig und können das nächste Bauprojekt nicht abwarten!
Beitragsbild: Photo by Matt Collamer on Unsplash.com
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