Widerstand Indien

Hoffnung auf Veränderungen dank Partner*innen im Globalen Süden

Dieser Text ist Teil der Reihe „Unser Blickpunkt“ des EPIZ Entwicklungspolitisches Informationszentrum Göttingen.


Wir schaffen weltweit alternative Räume, welche die vorherrschenden Kräfte der Kontrolle und der Massenproduktion herausfordern: Das ist Hoffnung!“ Diese Worte spricht die indigene Grundschullehrerin und Aktivistin Seno Tsuhah in der empfehlenswerten Doku „Churning the Earth“. Der Film porträtiert Menschen in Indien, die sich gegen die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen wehren. Sie schaffen beispielsweise nachhaltige Landwirtschaft, gemeinschaftlichen Ökotourismus, aktivitätsbasiertes Lernen, dezentrale Wassergewinnung sowie lokale direkte Demokratie. Den Kern bilden Werte wie Solidarität, Vielfalt, Freiheit, Eigenständigkeit und Gemeinwohl.

Diese sind bei der Bharatiya Janata Party (BJP) kaum zu finden, die bei der Anfang Juni endenden Wahl in Indien erneut siegte. Die dritte Amtszeit von Premierminister Narendra Modi ist ein weiteres Zeichen für das Erstarken des neoliberalen Autoritarismus in den mächtigsten Nationen der Welt, auch und insbesondere im Globalen Süden. Es ist zu befürchten, dass die BJP ihre Politik fortsetzt: Steuererleichterungen für Reiche, Privatisierung von Staatsbetrieben (Achtung Downloadlink), Ausbau der Städte und Vorgehen gegen jede Form von Organisation, die nicht mit ihrem eigenen paramilitärischen Flügel (der Rashtriya Swayamsevak Sangh) verbunden ist.

Zu den gefährdeten Organisationen gehören viele, die seit Jahren innovative Lösungen für die Bedrohungen durch Globalisierung und Klimakatastrophe anbieten. „Moderne Entwicklung“ drängt weltweit marginalisierte Gruppen an den gesellschaftlichen Rand, wo sie ein prekäres Leben führen. Dabei können wir viel lernen von ihrem Widerstand und ihren oft äußerst nachhaltigen Lebensstilen. Auf ihren Erfolgen können wir aufbauen, um Lösungen für die Klimakatastrophen und die sozioökonomischen Ungleichheiten zu finden, die unser Leben weltweit beeinträchtigen.

Die Adivasi in den Wäldern von Aarey in Mumbai wehren sich beispielsweise beharrlich gegen die Abholzung ihres Landes für den Ausbau der U-Bahn. Der Widerstand ist für die über 10.000 Bewohner*innen der Aarey-Wälder ein Kampf um ihre Lebensgrundlage, für ihr Überleben.

In der indischen Region Zaheerabad in Telangana arbeiten mehrere Frauengruppen zusammen, um nachhaltige Lebensmittelsysteme zu fördern. Eine davon ist die Praxis des Anbaus von „unkultivierten Nahrungsmitteln“ oder essbarem „Unkraut“, das sehr nahrhaft ist und selbst unter den Bedingungen von Hungersnöten und Hitzewellen effizient angebaut werden kann. Organisationen wie die Deccan Development Society (DDS), Jagruti Mahila Sanghatan und Kalpavriksh arbeiten daran, solche Gruppen zu vernetzen, um Märkte für nachhaltig erzeugte Lebensmittel, technologische Lösungen sowie rechtliche und administrative Unterstützung zu finden.

Der Widerstand marginalisierter Gruppen in Indien gegen die Auferlegung von neoliberaler „Entwicklung“ findet in der ganzen Welt Widerhall, auch in der Wissenschaft. Das Zentrum für moderne Indienstudien an der Uni Göttingen untersucht beispielsweise die Zusammenhänge zwischen Modernität und kasten-, klassen- und geschlechtsspezifischen Ungleichheiten. Es unterstützt die Forschung zu Themen sozialer Gerechtigkeit. Die Gruppe Dalit Solidarity Network in Deutschland setzt sich in Zusammenarbeit mit verschiedenen internationalen Organisationen für die Menschenrechte der Dalits ein. Außerdem unterstützen Vereine wie Bargat Graswurzelbewegungen in Indien und auf der ganzen Welt.


Eine hoffungsvolle Zeit voller „Aha-Momente“ wünschen

Aarthi Murali und das EPIZ-Team


Beitragsbild: Screenshot des Youtube-Videos „Mumbai’s Victims of Development; The Displaced Lives of Indigenous People of Aarey Forest“ abrufbar hier

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