Hausaufgaben? Ähm, also mein Hamster…

Sag mal, kann es sein, dass du Schüler*in bist? Schön dich hier zu sehen! Aber wie kommt’s, wenn man fragen darf? Lenkst du dich gerade von den Hausaufgaben ab? Oder von der Klausur, die du morgen schreiben musst? Gratulation! Dann machst du gerade alles richtig. Warum das so ist, erklären wir dir gerne im Text weiter unten… falls du denn Lust hast, ihn zu lesen. Selbstverständlich musst du das nicht tun. Wer nicht bleiben will, kann gerne gehen. Es gibt keine Anwesenheitsliste.

So, nochmal ein herzliches Willkommen an alle, die geblieben sind. Scheinbar interessiert es euch ja. Dann wollen wir gleich mal anfangen, aber vorher muss eines gesagt werden: Eventuell kriegt ihr morgen keinen Teddybärchen-Stempel ins Schulheft! Wenn ihr ganz viel Pech habt, kriegt ihr stattdessen sogar einen Strich eingetragen. Und zwar keinen halben Strich, sondern einen ganzen Strich – eure Lebensläufe sind dann für immer ruiniert….

„Nicht für die Schule lernt ihr, sondern für das Leben.“

pflegen Lehrer*innen zu sagen. „Aber was denn?“, fragten sich schon Generationen von Schülern und Schülerinnen vor euch. Und alle diese Schulabgänger*innen können euch bestätigen, dass es auch im Nachhinein keine Antwort darauf gab. Weder Goethe-Gedichte noch Stochastik ließen sich in Bewerbungsgesprächen einbringen.

Also was soll dieses Lebenswichtige gewesen sein, das man in der Schule gelernt hat? Vielleicht, dass man es ohne Markenklamotten schwer hat? Ach nein, halt! Das hier muss es sein: Jemand, der ohne zu murren Tag für Tag für Tag für Tag pflichtbewusst Aufgaben erfüllt, die nicht interessant, sondern einfach nur zeitraubend und quälend eintönig sind, wird belohnt werden. Das muss es sein. Um diese Erfahrung geht es bestimmt in dem Zitat.

Tatsächlich ist das eine Erkenntnis, mit der in der Schulzeit die meisten von euch konfrontiert werden. Aber bereitet euch diese bittere Einsicht auf das spätere Leben vor? Lernt ihr damit „für das Leben“? Nein, wer das denkt, ist zu pessimistisch. So schlimm wird es nicht.

Ansonsten keine Ahnung, was mit dem Zitat gemeint sein könnte. Klar, eine Menge Wissen wird während der Schulzeit in den Kopf eigetrichtert, aber da bleibt es nicht lange. Es ist schnell wieder weg und wird nicht weiter vermisst. Was man später für die Arbeit dringend braucht, lernt man neu. Dabei handelt es sich höchstens um einen winzigen Bruchteil dessen, was der Lehrplan während der Schulzeit als relevant vorgeschrieben hat.

Ist das Zitat vielleicht ein verzweifelter Versuch der Lehrer*innen, euch zum Lernen zu motivieren? Das wäre ja bitter…

Übersetzung des Zitats wäre dann:

„Auch wenn es gerade vollkommen sinnlos erscheint, was wir hier machen – irgendwann werdet ihr das Wissen brauchen, ihr werdet schon sehen! Aber allerfrühestens während und nach dem Abschluss… Und natürlich in der Klausur nächste Woche! Also seid jetzt brav und lieb und hämmert es euch bitte in den Kopf ein. Ach ja: Diejenigen von euch, die meinen, sie müssten jetzt nicht fürs Leben lernen, werden es nicht weit bringen.“

Pädagogik auf höchstem Niveau! Echt komisch, dass das nicht funktioniert. Sollte es jedenfalls nicht tun. Obwohl das Manöver so durchschaubar ist, haben Schüler*innen leider keine andere Wahl, wenn aus „Versetzung gefährdet“ im Halbjahr nicht „Versetzung ausgeschlossen“ im Sommer werden soll. Natürlich ist das frustrierend.

Welche Kompetenz wird hier vermittelt?

Gehorsam: Tu was man dir sagt, stell keine Fragen, kritisiere nicht, denn in 100 Jahren erklärt es sich alles von selbst! – Charakterlich nicht förderlich, gesellschaftlich und politisch gefährlich.

Die Pädagogik ist in ihren Erkenntnissen schon lange weiter. Aber Lehrer*innen sind selten Pädagogen*innen. Na gut, es gibt in jedem Lehrerzimmer diese 3–4 Motivierten, die von den Schüler*innen akzeptiert werden und sich für ihre unmotivierten, verbitterten und hilflosen Kollegen*innen fremdschämen. Vielleicht sind es an manchen Schulen auch mehr, aber sie sind trotzdem meistens bei Weitem in der Unterzahl.

Wann kann man gut lernen?

Ganz einfach: Wenn eine*n das Thema interessiert. Dazu müssen irgendwelche Emotionen ausgelöst werden. Ohne Emotionen wird nichts hängenbleiben. Also lernt man doch am besten Dinge, die eine*n begeistern oder betroffen machen, oder? Dann drängt sich jetzt der ketzerische Zweifel auf, ob Schule ein Ort zum Lernen ist…. Hängt vom Lehrer bzw. der Lehrerin ab, könnte man sagen.

„Lernen tut ihr im Leben“, so müsste es richtig heißen

Wenn ihr euch beispielsweise auf dieser Seite hier über Themen informiert, die euch wichtig sind, dann bildet euch das weiter, als die Mathehausaufgaben es jemals könnten. Denn: Ihr entscheidet, was ihr lest, ob ihr euch irgendwo anmelden wollt, etc.

Falls ihr euch für euer Lieblingsthema aktiv engagieren wollt und euch für eine Veranstaltung anmeldet, ist das umso besser. Nein, wir kriegen kein Geld dafür. Aber bei den Veranstaltungen werdet ihr jede Menge Spaß haben. Meistens meldet man sich ja als Gruppe an. Aus pädagogischer Sicht ist das umso besser, denn Lernen ist ein Gruppenprozess und basiert auf Gemeinschaft. Durch Gemeinschaft entstehen wiederum emotionale Bindungen und damit wäre man dann wieder an der Stelle angelangt, an der festgehalten werden muss, dass es ohne Emotionen kein Interesse geben kann.

Schlussplädoyer

Schule kann unter Umständen bildenden Effekt haben, das muss aber nicht überall so sein. Es soll gesagt sein, dass Schule im Bereich der politischen und geschichtlichen Wissensvermittlung ganz gute Dienste leistet. Kolonialismus, Kriege, Holocaust, Befreiung, Wiedervereinigung… alles noch da im Kopf. Macht ja auch betroffen. Auch Fremdsprachen sind wichtig und helfen, global zu handeln. Trotzdem ist das ganze Schulsystem lange überkommen, da muss man nicht lange drüber diskutieren, das ist ja bekannt.

Bildung ist ein Nebenprodukt von Begeisterung, du musst das nicht forcieren, es kommt von selbst. Deswegen kannst du das Schulheft jetzt endgültig wegpacken, du machst da heute besser nichts mehr dran. Nimm dir lieber die Zeit und informiere dich über wichtigere Sachen.

Weitere Informationen zum Thema findest du hier.

No Comments

Post A Comment