Der gläserne Mensch

Wissen ist Macht.
                  Francis Bacon

Doch was wissen Konzerne und Staat eigentlich über dich? Wie vielsagend sind die Spuren, die wir täglich per App oder Browser in den digitalen Weiten des Internets hinterlassen?
Irgendwie ist das Thema Datenschutz ein riesengroßes Kuddelmuddel. Jeder weiß zwar, dass im Netz so wenig persönliche Daten wie möglich landen sollten, aber kaum einer hat den Überblick, wer was sammelt oder auch, wie man sich schützen kann. Nachfolgend kommt deshalb eine kleine Linksammlung zum Mehr Wissen.

Wie groß die Sammelwut von Appbetreibern wirklich ist, das konnte die Journalistin Judith Duportail vom Guardian am eigenen Leib feststellen. Sie bat die Betreiber der Dating-App Tinder darum, ihr alle gespeicherten Daten zu Ihrem Tinderkonto zuzuschicken. Das Ergebnis: Satte 800 Seiten mit persönlichen Informationen aus 4 Jahren Tinder. Aufgezeichnet und gespeichert wurden alle privaten Chatverläufe, ihre Standorte, die Online-Zeit, aber auch weiterführende Informationen wie Facebook-Likes, ihre Instagrambilder (auch nach Löschung des dazugehörigen Accounts), ihr Bildungsstand, und das Profil der Männer, an denen Judith normalerweise interessiert war.

Allein die Vorstellung, dass solche Daten durch ein Leck gehackt und veröffentlicht werden: Autsch. Der Konzern selbst meint dazu nur: “You should not expect that your personal information, chats, or other communications will always remain secure”. Na Danke, Tinder. Und bevor sich jetzt alle Nicht-Tinder-Nutzer ins Fäustchen lachen: Es wird vermutet, dass die meisten Apps ihre Nutzer in ähnlichem Ausmaß tracken, ganz zu schweigen von Facebook und Google.

So, dass kommerzielle Unternehmen alle Daten speichern, die sie in die Finger bekommen können, ist vermutlich keine große Überraschung für euch. Aber wie sieht es mit dem deutschen Staat aus?
Wenn auch ihr euer Persofoto hasst, gibt es schon mal schlechte Neuigkeiten. Jüngst wurde ein neues Gesetz verbschiedet, das sämtlichen Ermittlungs- und Ordnungsbehörden erlaubt, auf Personalausweisfotos zuzugreifen. Auch wer wann wohin in den Urlaub fliegt, weiß der Staat bald – zumindest innerhalb Europas. Ab Mai 2018 sind EU-Mitgliedsländer durch das Fluggastdatengesetz verpflichtet, Informationen zu ihren Fluggästen akribisch festzuhalten – Terrorbekämpfung und so.

Seit Juni diesen Jahres wurden zudem die Ausspäh-Befugnisse der Polizei stark erweitert. War früher der Einsatz des „Staatstrojaners“, einer Hackingsoftware, nur bei konkreten Verdacht auf die Gefährdung der Sicherheit des Landes durch Personen erlaubt, kann er nun bei einer ganzen Reihe von Delikten und Verdachtsfällen verwendet werden. Anders als bei Lauschangriffen auf Telefonate kann ein gehacktes Smartphone zudem einen sehr tiefen Einblick in das Leben einer Person geben: Von Standortangaben bis zu Kameraufnahmen und WhatsApp-Verläufen lässt sich alles transparent mitverfolgen – ein Datenstriptease. Zwar soll der Staatstrojaner so angelegt sein, dass er nur laufende Kommunikationsprozesse erfasst und nicht Zugriff auf sämtliche Daten eines Gerätes hat. Ob dies in der Umsetzung gelingt, scheint aber fragwürdig. Kritiker werfen der Bundesregierung daher einen Eingriff in die Grundrechte vor.

So, das klingt erstmal düster. Was tun, gegen die fröhliche Datensammelei? Zumindest was den Datenschutz rund um kommerzielle Firmen angeht, ist der User nicht völlig machtlos. Do Not Track, ein interaktives Projekt, erklärt euch auf geniale Art und Weise mit eurem Einverständnis, was Google und Co mit den ausspionierten Infos alles anstellen. Und ob ihr etwas ändert könnt, um online nicht zu viel von euch preiszugeben und zum gläsernen Menschen zu werden. Der Clou: Um die Methoden der digitalen Sammler zu verstehen, werdet auch ihr vom Projekt getrackt. Wer sich für eine Suchmaschine interessiert, die nicht alles über euch weiß, kann sich übrigens bei Ixquick oder DuckDuckGo umschauen – beide sammeln keine Daten über Suchanfragen.

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