16 Jul 2018 4 Wege, wie deine Sprache die Welt verändert – und wie du das aktiv machen kannst!
Heute haben wir einen Gastbeitrag von fairlanguage für euch, der sich mit einem suuuuuperwichtigen Thema beschäftigt: Sprache. Denn wie wir sprechen und was wir sagen, ist nicht egal. Warum? Lest selbst:
Wir haben zwei gute Nachrichten für dich. Und eine weitere.
Ja, du hast richtig gelesen, ZWEI gute!
Also. Die 1. ist: Ja, du hast tatsächlich Einfluss auf die Welt.
Das, was du tust, ist von Bedeutung. Vielleicht bekommt es nur dein nächstes Umfeld mit, aber selbst wenn es fünf Leute irgendwie aufnehmen, und in deren Umfeld dann fünf und so weiter – dann setzt sich einiges in Bewegung.
Die 2. Nachricht ist: Sprache ist nicht nur super wichtig, sondern auch eines der praktischsten Instrumente, mit denen du arbeiten kannst.
Praktisch und kostenlos und unmittelbar verfügbar. Alle BWL-er können sich hier die Hände reiben!
Und jetzt gibt’s noch die dritte Nachricht: Du musst und kannst was dafür tun.
Zwischendurch kann es etwas unkomfortabel sein, wie es das immer ist, wenn es an das Ändern von Gewohnheiten geht. Aber du hast es in der Hand. Bzw. auf der Zunge.
Deswegen können wir jetzt gar nicht sagen, ob diese Nachricht gut oder schlecht ist.
Es lohnt sich übrigens die extra Meile zu gehen. Sprache prägt nachhaltig unsere Realität, das heißt, dass innere Bilder und Visionen und Träume durch die Ausdrucksvielfalt der Sprache widergespiegelt werden.
Sprache hat auch signifikanten Einfluss auf den Vibe, der in einer Kultur vorherrscht. Im Kleinen wie im Großen.
Und auch in Deutschland begegnen wir immer noch ziemlich vielen Dingen, die ein Muss sind zu ändern: Rassismus, Geschlechter-Ungerechtigkeit, eigentlich jegliche Form von Diskriminierung.
Und tadaaa! Sprache kann da helfen! Wir zeigen euch vier knackige Wege wie.
#1: Positiv sprechen – und im Zweifelsfall mit Humor
Sprache erzählt Geschichten.
Das können Gruselgeschichten sein oder Geschichten voller Empowerment.
Du kannst dich danach sorgenvoll und ungeduldig fühlen oder inspiriert und energiegeladen.
Und genau das macht den Unterschied.
Ob deine Sprache inspiriert oder Sorgen schafft.
Beobachte doch mal, nach welchen Erzählungen du dich leicht fühlst? Und nach welchen eher schwer?
Und würde dir eine Interpretation der Geschichte einfallen, die dieselbe Geschichte nur in deutlich leichterer Form erzählt?
Und welche Energie verbreitest du mit deinen Erzählungen? Strahlst du eher ein positiven Blick aus oder kotzt du regelmäßig schlechte Laune in dein Umfeld?
Wenn du Lust hast, was daran zu ändern, solltest du dir überlegen, welche Worte du benutzt, um Dinge zu beschreiben.
Sind die Gegenstände deiner Erzählungen eher „gefährlich“,“schwierig“ oder „anstrengend“?
Und könnten sie vielleicht auch „spannende“, „amüsante“ und „interessante“ Seiten haben, die sich lohnen hervorzuheben?
Und wenn darauf die Antwort „nein“ lautet, dann gibt es immer noch einen Backup-Plan: Humor hilft. Und damit ist kein Humor gemeint, der sich gegen andere richtet und vielleicht sogar auf Kosten von Minderheiten geht.
Sondern ein Humor, der anerkennt, dass das Leben manchmal scheiße ist. Und es dann auch wieder weiter geht.
#2: (De)Eskalation?
Habt ihr auch schon einmal mitbekommen, dass sich wenige Worte super schnell hochschaukeln können und man plötzlich gar nicht mehr weiß, wie das passieren konnte?
Ja?
Genauso wie Wörter empowern oder schwerfällig wirken können, können sie Spannungen hochschaukeln und zu absoluten Eskalationsmomenten führen. Genauso können sie aber auch deeskalieren.
Welche Sprache ist eher ungünstig, wenn man Eskalationen meiden möchte?
Menschen reagieren empfindlich auf Bewertungen, Unterstellungen und Provokationen.
So ganz allgemein.
Sätze wie „Du bist…“ oder „Das ist…“ sind da schonmal ganz vorne mit dabei, um Spannungen zu erzeugen.
Natürlich fließt da auch sehr stark die Körpersprache mit rein – und da man die schwer verändern kann, ein kleiner Tipp: Bist du genervt, bewertend oder verärgert, ist es möglicherweise sinnvoll, genau diesen Zustand transparent zu machen. Und dich im Anschluss vielleicht aus der Konversation zurückzuziehen (zumindest wenn es dir schwer fällt, nicht in eskalative Gesprächsmuster zu rutschen).
Und was sorgt eher für Deeskalationen?
Ich-Aussagen sind ein guter Anfang. In Kombination mit Gefühlsausdrücken noch besser!
Ja, hört man immer wieder, ist aber echt so.
Vorsicht hier übrigens bei den versteckten Du-Botschaften! „Ich fühle mich super ausgeschlossen.“ oder „Ich werde immer angegriffen von dir!“ sind definitiv eher eskalierend.
Und jetzt der Pro-Tipp für gutes Zuhören – denn Ratschläge geben und eigene Geschichten kontern ist mega out.
#3: Connection aufbauen
Wenn du richtige Verbindung zu Menschen herstellen magst, dann ist das Zuhören nämlich unumgänglich.
Allem voran geht die Annahme, dass Menschen erst einmal in erster Linie was über sich selbst preisgeben wollen. Und nicht jemanden angreifen oder verletzen möchten oder jemand anderem zuhören wollen.
Das ist natürlich extrem formuliert. Und während Zuhören auch durchaus Freude bringen kann, haben die inneren Kinder in den meisten von uns aber stark das Bedürfnis danach, gesehen zu werden.
So richtig gutes Zuhören sorgt also dafür, dass die Aufmerksamkeit bei der erzählenden Person bleibt.
Deswegen auch keine eigenen Geschichten als Reaktion. Es wird eh nie genau das Gleiche sein (egal wie sehr du dich daran erinnert fühlst) – und was zur Hölle soll die Person denn dazu sagen, außer dann dir zuhören?
Und bitte auch keine ungefragten Ratschläge. Denn jeder Mensch ist unterschiedlich und die Bedürfnisse auch.
Also, was dann?
Gutes Zuhören heißt vor allem die Erzählung so wie ist zu ergründen. Fragen zu stellen. Dinge zusammenzufassen, ob man sie richtig verstanden hat. Und Interesse zeigen.
#4: Inklusion
Und zu guter letzt: Wie achtsam bist du in deiner Sprache eigentlich bezüglich Inklusion und Exklusion und offensichtlichen Diskriminierungen?
Klar. Es gibt einige Formulierungen, die kennen inzwischen alle – und sagt (hoffentlich) auch niemand mehr.
Aber dass „Indianer_in“ auch kein so cooles Wort ist (weil es kolonialistischen Ursprung hat) und „schwarzfahren“ etc. dem Bild „schwarz ist schlecht“ entspringt, wusstet ihr das auch?
Oder dass bei dem generischen Maskulinum tatsächlich auch nahezu ausschließlich an Männer* gedacht wird?
Und sich dadurch kaum (berufliche/ Lebens-)Visionen für Mädchen* entwickeln, außer die alltime Favorits „Prinzessin“ und „Krankenschwester“?
Und dass es in unserer Sprache einfach so geläufig ist, Frauen* mit Adjektiven bezüglich ihres Äußeren zu beschreiben und Männer* nach ihrem Handeln (oder ihrem Charakter), dass es noch nicht mal ein Wort gibt, dass Männer* als „schön“ beschreibt ohne sexuelle Konnotation?
Natürlich sind es „nur“ Worte.
Aber damit fängt es an.
Mit Kinderbüchern, in denen nur 14,6 % der weiblichen* Charaktere Ambitionen haben (ach und in 25 % kommen sie gar nicht vor!).
Oder dass Mädchen* halt vor allem schön aussehen (sollen). Um dann von ihrem Prinz gerettet zu werden.
Urgh.
Wir bei Fairlanguage sind darauf spezialisiert, Lösungen für gendergerechte Sprache zu entwickeln.
Und wie du direkt ein wenig fairer und inklusiver wirst, können wir dir sagen:
- Frag dich, ob deine Sprache Stereotype reproduziert. Stereotype wirken zwar für Außenstehende erstmal praktisch, aber letztendlich schränken sie uns alle ein, weil wir irgendeinem Bild zu entsprechen haben, dass andere für uns gemacht habe. Nicht cool.
- Vermeide Ansprachen und Bezeichnungen, die Geschlechter verallgemeinern. Versuche es möglichst offen zu halten: entweder indem du das Geschlecht komplett rausnimmst aus der Aussage (Programmier –> Menschen, die programmieren) oder neutrale Formulierungen wie Arbeitnehmende statt Arbeitnehmer verwendest. Wir mögen auch Gender Gaps und Sternchen gerne – weil sie einfach und weitläufig zu verwenden sind.
- Und beobachte dich und dein Umfeld doch mal, wann und inwiefern es Unterschiede im Umgang der Geschlechter gibt? Gibt es positive Formen des Sexismus, die sich als „Galanz“ ausdrücken? Gibt es Momente, in denen Frauen* Dinge sehr genau erklärt werden?
Dazu haben wir übrigens auch einen kostenlosen Analysebogen für euch!
Wenn ihr Lust habt, da noch mehr in die Tiefe zu gehen, dann gibt’s auf unserer Website https://fairlanguage.com auch noch ganz viele weitere Hilfen. Z. B. unsere Bibliothek.
Fairlanguage: Wir sind ein Unternehmen, dass Geschlechter-Ungerechtigkeit in Sprache bekämpft.
Das tun wir einerseits mit Dienstleistungen wie Workshops, Beratungen und Lektorieren von Websites und Texten; und andererseits durch die Programmierung einer technischen Lösung: Das Tool wird dir direkt beim Schreiben helfen, ähnlich einer Rechtschreibkorrektur.
Findest du spannend und magst du Up-to-date bleiben? Wir haben auch einen Newsletter.
Diana
Posted at 09:51h, 17 JuliSpannende Anregungen, danke! Ich finde Sprache auch sehr wichtig, gesellschaftlich und persönlich. Inklusion ist mir dabei auch ein wichtiges Thema, allerdings finde es es manchmal einen Tacken zu übertrieben. Ich bin selbst voll im Genderthema mit meinem Aussehen, finde mache genderfizierenden oder eben genderrelativierenden Maßnahmen etwas zu viel. Stattdessen versuche ich mit Menschen in Dialog zu treten, wenn mir etwas an ihrer Sprache auffällt, z.B. wenn jemand „man“ statt „ich“ sagt: http://smizing.de/indefinitpronomen-man/
EineWeltBlaBla
Posted at 12:06h, 17 JuliLiebe Diana,
die Verwendung von „man“ statt „ich“ ist wirklich ein interessanter Denkanstoß. „Man“ schafft immer eine Distanz zum „ich“. Nun gibt es ja auch den Ansatz, das „man“ ganz wegzulassen (das allerdings eher, weil „man“ zu sehr nach „Mann“ klingt) und „mensch“ oder ähnliches zu verwenden. Meinst du zum Beispiel so etwas mit „genderfizierenden oder eben genderrelativierenden Maßnahmen“?