25 Jan 2019 Von Textilfabriken und Kinderrechten
Wie lebt und arbeitet es sich in Bangladesch? Hat sich nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana-Plaza im Jahr 2013 irgendwas geändert? Und wie steht es weltweit mit den Kinderrechten? Diesen Fragen gingen Schüler*innen aus Limburg nach. Über die Dauer von drei Schulstunden hatten sie Besuch von zwei Referent*innen, die sich mit diesen Themen bestens auskennen. Im Anschluss verfassten die Schüler*innen für uns einen informativen Bericht, den ihr hier lesen könnt:
Zwei Berufsschulklassen (Kaufleute für Büromanagement) der Peter-Paul-Cahensly-Schule in Limburg nahmen mit ihrer Fachlehrerin Frau Ax an dem Projekt „Grenzenlos – Globales Lernen in der beruflichen Bildung“ teil, das in Kooperation mit WUS Wiesbaden durchgeführt wird.
„Kinderrechte weltweit“ mit Zafer Tarakji
Die Klasse 12 BU D wählte das Thema „Kinderrechte weltweit“ und verbrachte eine sehr interessante, aber auch nachdenklich stimmende Einheit mit dem Referenten Zafer Tarakji. Herr Tarakji stammt aus Syrien und studiert in Marburg. Für das Projekt „Grenzenlos – Globales Lernen“ ist er als Referent an beruflichen Schulen im Einsatz.
In dieser Lerneinheit wurde die Situation der Bildung rund um den Globus thematisiert. Der Zugang zu Bildung ist international sehr ungleich – ein Problem, über das die Schüler*innen diskutierten. Zusätzlich beschäftigten sich die Teilnehmer*innen mit Kinderrechten in verschiedenen Teilen der Welt. Da viele von ihnen bereits Mutter bzw. Vater sind, war die Bearbeitung dieses Themas sehr emotional.
„Fair Trade – Made in Bangladesh“ mit Maryam Sultan
Eine weitere Lerneinheit erlebten die Lernenden der Klasse 11 BU D mit der Referentin Maryam Sultan zum Thema „Fair Trade – Made in Bangladesh“. Nach einer freundlichen Begrüßung durch die Klassensprecherin bedankte sich die Referentin und stellte sich vor: Sie studiert Lehramt für Realschule, ihre Familie stammt aus Bangladesch.
Frau Sultan berichtete den Schüler*innen von der Armut und den menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen im Heimatland ihrer Familie. Sie habe beides selbst erlebt, als sie ihre Verwandten vor drei Jahren zum zweiten Mal besuchte. Aus dieser Erfahrung heraus habe sie es sich zum Ziel gesetzt, mit Hilfe des Projektes „Grenzenlos – Globales Lernen“ Lerngruppen in Deutschland auf die Missstände in ihrem Heimatland aufmerksam zu machen und zu sensibilisieren.
Die Schüler*innen der Klasse 11 BU D und ihre Fachlehrerin erlebten über drei lehrreiche Berufsschulstunden hinweg eine überaus engagierte, freundliche und präsente Referentin. Sie vermittelte sehr anschaulich und informativ, was es mit fairem Handel in Mode- und Textilproduktion auf sich hat.
Was bedeutet „Fair Trade“?
Die Berufsschüler*innen erfuhren, was „Fair Trade“ bedeutet und welche positiven oder auch negativen Wirkungen das Konzept auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen hat.
„Fair Trade“ verbindet Konsument*innen, Produzentenorganisationen und Unternehmen. Kleinbauernfamilien können beispielsweise zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen produzieren, da sie ihre Waren zu höheren Preisen verkaufen können. Das gilt ebenso für Industrie- und Textilunternehmen sowie für Plantagenarbeiter in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Die Vielfalt der unterstützten Produkte ist enorm. Frau Sultan betonte, dass es viele Möglichkeiten gebe, sich zu engagieren. Fair gehandelte und produzierte Güter seien durch Fair Trade-Siegel gekennzeichnet, auf die jede*r Schüler*in beim Einkauf achten könne.
Schockierende Einblicke
Bezugnehmend auf ihre heimatlichen Wurzeln erinnerte die Referentin an das Unglück in Bangladesch im Jahr 2013. In der Stadt Sabhar stürzte damals die achtstöckige Textilfabrik Rana-Plaza ein und begrub tausende Menschen unter sich. Überlebende dieses Unglücks hätten bis zum heutigen Tag mit Spätfolgen zu kämpfen.
Als Reaktion auf diesen Einsturz wurde von der Bundesregierung am 16. Oktober 2014 das „Bündnis für nachhaltige Textilien“ ins Leben gerufen. Dieses Textilbündnis möchte die Kräfte von Unternehmen, Regierungen, Nichtregierungsorganisationen, Verbänden und Gewerkschaften vereinen. Ziel ist es, auf mangelhaften Arbeitsschutz, Kinderarbeit, lange Arbeitszeiten, geringe Löhne, eingeschränktes Versammlungsrecht sowie fehlendes Chemikalien- und Abfallmanagement aufmerksam zu machen. Darüber hinaus sollen in diesen Bereichen auch Verbesserungen erwirkt werden.
Gemeinsam sahen sich die Schüler*innen eine Filmdokumentation an, die das Leben verschiedener Menschen und ihre Arbeitsverhältnisse in Pakistan beleuchtete. Eine Inderin erzählte in dem Film, dass sie ihre zwei Töchter nur ein- bis zweimal im Jahr sehen könne, weil sie ihren Lohn in die Ausbildung der Kinder investiere. Dadurch habe sie aber selbst kein Geld, um sie zu besuchen. Die Berufsschüler*innen waren von diesem Schicksal sehr betroffen und gingen nachdenklich in eine kurze Pause.
Frau Sultan übergab den Schüler*innen verschiedene Arbeitsaufträge, deren Ergebnisse in Rollenspielen dargestellt wurden. Sie handelten von den Kriterien des „Fair Trade“ und unterschiedlichen Lebens- und Arbeitssituationen.
Fazit
Frau Sultan hat den Lernenden sehr anschaulich vermittelt, dass „Fair Trade“ jede*n etwas angeht und dass alle zusammen daran arbeiten müssen, um etwas zu verändern – so das Fazit der Schüler*innen.
Für diesen spannden Bericht und die Bilder bedanken wir uns herzlichst bei Sybille Müller und Johanna Weimer. Wenn ihr mehr über faire Mode erfahren wollt, schaut mal hier. Und hier gibt’s weitere Grenzenlos-Erfahrungsberichte.
Anmerkung: Am Text wurden einige wenige redaktionelle Änderungen vorgenommen.
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