Tláloc One World-Network – Auf der Spur nach verschiedenen Perspektiven auf das Leben mit der Natur

Ein Gastbeitrag von Sarah Gubitz und Lorena Schwab

Für die Azteken in Zentralmexiko um das 15. Jh. war Tlaloc der Gott des Regens, der Blitze und des Sturms. Er ist für seine Jaguarzähne und großen Augen bekannt. Übersetzt heißt der Name Tlaloc “Nektar der Erde” (tlalli = Erde, octli = Nektar). Nach der Mythologie der Azteken und Olmeken soll Tlaloc für den Regen zuständig gewesen sein, der den Mais wachsen ließ. Er sei der Herr der atmosphärischen Phänomene und der Berggeister gewesen. Doch für die Einwohner*innen in Mexiko vor der Eroberung durch die Spanier im Jahr 1521 war Tlaloc nicht “der Gott des Regens”, sondern er war schlicht der Regen und der Donner. Er war Ausdruck der höchsten Lebensessenz – des Wassers – das sich in verschiedenen Formen im Universum greifbar macht.

Greifbar machen sich heutzutage aber auch die Folgen der kommerziellen Ausbeutung, des Klimawandels und der fehlenden Gleichberechtigung in unserer globalisierten Gesellschaft.

Tlaloc beißt sich vermutlich gerade irgendwo in Mexiko seine großen Jaguarzähne aus lauter Verzweiflung aus. Kleine und menschliche, im großen Kosmos unwichtige Wesen, die dennoch glauben die Natur bezwingen zu können, bereiten ihm Sorgen. Wir benutzen die Globalisierung oft so, wie sie uns gerade in den Kram passt: Urlaub, Freiwilligendienst, günstige Lebensmittel und Kleidung; der ökologische Fußabdruck, den wir dabei hinterlassen, übersteigt viel zu häufig die vorhandenen Ressourcen auf der Erde. Wie kann man unsere globalisierten Netzwerke auf produktive und umweltfreundliche Weise nutzen? Besonders wir, als jüngere Generationen, wachsen mit Social Media auf, damit, dass wir schon unglaublich viele Orte auf der Welt kennenlernen durften, damit, dass wir es schaffen, nicht nur Kontakte aus aller Welt zu knüpfen, sondern sie auch zu pflegen. Wie können wir der Welt mit unserem Handeln nicht schaden, sondern etwas Wertvolles entstehen lassen?

Unsere Geschichte.

Das Tláloc One World Network entstand aus einer mexikanischen Nichtregierungsorganisation in Toluca, der Fundación Tláloc. Diese arbeitet zu Themen der Nachhaltigkeit und partizipativen Bürger*innenschaft in enger Zusammenarbeit mit einer indigenen Gemeinde in Zentralmexiko. Nachdem einige deutsche “weltwärts”-Freiwillige bei der Fundación gearbeitet hatten, entstand die Idee einer Gruppe in Deutschland, um uns
weiterhin mit Themen zu beschäftigen, die zu einer nachhaltigeren und gerechteren Welt beitragen können. Unser Entstehungsprozess war lang und es ist nicht einfach, unser Vorhaben zu konkretisieren. Denn wir wollen ein Projekt entstehen lassen, das die internationale Perspektive mit einbezieht und trotzdem lokale und spezifische Aktionen ermöglicht.

Nun möchten wir durch die Kooperation mit Fundación Tláloc lernen und stellen uns die Frage: Wie können wir die Methoden und Hilfestellungen nutzen und zusammen mit Menschen hier in Deutschland Engagement und Eigeninitiative fördern? Dabei möchten wir nicht die postkolonialen Machtstrukturen und Verflechtungen aus den Augen verlieren, die zu einem Großteil dafür verantwortlich sind, dass unsere Welt nicht gerecht und nachhaltig sein kann. Bei Massenkonsum, Ausbeutung, ungerechter Bezahlung und politischem Druck kann keine neue Weltordnung entstehen. Als junge Generation des 21. Jahrhunderts, die so viele Möglichkeiten hat sich mit Menschen an anderen Orten der Welt zusammen zu tun, haben wir den Auftrag über alle Grenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Wir versuchen den Spieß umzudrehen und den Globalen Norden von dem Globalen Süden lernen zu lassen: und das international und auf Augenhöhe!

Deshalb setzen wir mit unserem Netzwerk ein Zeichen und wollen uns durch Allianzen aus der Zivilgesellschaft über nationale Grenzen hinaus vernetzen. Denn wir können nur gemeinsam die Probleme lösen, die alle Erdbewohner*innen betreffen. Wir möchten Veranstaltungen an verschiedenen Orten organisieren, einen Austausch mit Umweltaktivist*innen in Deutschland und Mexiko ermöglichen, interessante Filme anschauen und darüber diskutieren, etc. Wie man so schön sagt: Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Hätten wir ein Motto, dann wäre es dieses.

Von echten Experten lernen!

Das Tláloc One World Netzwerk möchte verschiedene Perspektiven zur Nachhaltigkeit erlernen und verbreiten. So finden wir zum Beispiel, dass indigene Gemeinschaften in Lateinamerika und anderswo auf der Welt uns so viel zum Leben mit der Natur sagen können und wir in Deutschland von diesen Kosmologien lernen sollten. Im allgemeinen Diskurs über das Klima erhalten sie jedoch keine Stimme. Kennst Du schon das Konzept des “buen vivir” (= gutes Leben) in Ecuador? Oder die Bedeutung der Maispflanze für indigene Gemeinschaften in Mexiko? Menschen, die in und mit der Natur leben und deren Vorfahren es genauso getan haben, kennen die Naturgewalten viel besser, als Wissenschaftler*innen und Regierungen es meinen zu tun. Und doch treffen leider oft die falschen Personen die Entscheidungen über ganze Lebensräume. Nervt dich das auch gewaltig? Egal in welcher Stadt Deutschlands du bist und wofür genau du dich interessierst, du bist eingeladen, Teil des Netzwerks zu werden. Komme mit Ideen zu uns oder einfach nur, wenn du weiter informiert bleiben möchtest.

Lerne gemeinsam mit uns, bilde gemeinsam mit uns, vernetze dich! Und vielleicht schaffen wir es ja eines Tages, dass wir wieder von Tlaloc lernen können – und er seinen Seelenfrieden wiederfindet, wenn er die Natur und die Menschen auf der Erde mit Wasser beschenkt.

Nimm Kontakt zu uns auf und schreibe z.B. eine Email an: hola@siraa.fundaciontlaloc.org

Bildquelle: https://www.flickr.com/photos/profzucker/33125387270, credit: Steven Zucker (Public License)

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