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#ichwill – Über die Relevanz einer gesetzlichen Frauenquote

„Wusstest du, dass die Vornamen Thomas und Michael bei den CEO´s von deutschen Unternehmen jeweils fünfmal häufiger vorkommen, als Frauen auf den Chefsesseln sitzen?“ (#ichwill-Kampagne)

Vergangenen Freitag einigte sich die große Koalition (Union und SPD) nach harten Verhandlungen auf eine verbindliche Frauenquote in Vorständen. Genauer gesagt muss in Vorständen börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen mit mehr als drei Mitgliedern demnach künftig mindestens ein Mitglied eine Frau sein. In allen Organisation und Unternehmen, die mehrheitlich dem Bund gehören, sollen künftig 30 Prozent aller Aufsichtsratsposten weiblich besetzt sein, in Vorständen soll es eine Mindestbeteiligung geben. Auch in Körperschaften öffentlichen Rechts, Krankenkassen, Bundesagenturen sowie Sparkassen soll eine weibliche Mindestbeteiligung festgeschrieben werden.

Franziska Giffey (SPD), unter anderem Ministerin für Frauen, nannte den Beschluss am Freitag historisch. Sie und Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) hatten sich mit dem Gesetzesvorschlag FüPoG2 besonders stark für eine gesetzliche Quote eingesetzt.

Vor wenigen Wochen startete die Kampagne #ichwill von einem Bündnis einflussreicher Frauen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Sport. Viele prominente Frauen äußerten sich unter diesem Hashtag für eine gesetzliche Frauenquote. Der Druck auf die Politik wuchs und auch Politiker wie Markus Söder (CSU) und Olaf Scholz (SPD) nahmen Stellung zur Frauenquote und sprachen sich positiv für sie aus.

#ichwill-Kampagne

Neben all den politischen Vetreter*innen und prominenten Persönlichkeiten sind es aber vor allem die Diskriminierungserfahrungen von Frauen aus der breiten Gesellschaft, die mich persönlich besonders beeindrucken und die Relevanz einer gesetzlichen Quote deutlich machen. So veröffentlichte Schauspielerin, Model und Bloggerin Marie Nasemann, ebenfalls Teil der #ichwill-Kampagne, einige anonym geteilte Beispiele von Diskriminierung an Frauen im Unternehmen aufgrund ihres Geschlechts. Es kommen Frauen zu Wort, die trotz top Ausbildung wegen abstrusen, teilweise widersprüchlichen und sachlich nicht nachvollziehbaren Begründungen bestimmte Positionen in Unternehmen gar nicht erst erreichen können. Hier eines von vielen Diskriminierungsbeispielen, die unter dem #ichwill zu finden sind:

„Ich arbeite im internationalen Personalbereich, derzeit als HR Business Partner. Ich war auf der großen Karriereleiter. Führungskräftenachwuchsprogramm, Übernahme eines internationalen HR Teams mit 17 Mitarbeitern an drei Standorten, plus dotted lines ins Ausland. Dann wurde ich schwanger. Der Global HR Director versicherte mir, ich würde die Leitungsfunktion behalten, solange ich kein ganzes Jahr Elternzeit machen würde. Die Schwangerschaft verlief leider nicht problemlos. Lange war ich im Krankenhaus und bekam ein Frühchen. 10 Monate nach der Frühgeburt hatten wir aber alles organisiert für meine Rückkehr… Alles schien okay. 2 Wochen vor meinem Beginn wurde mir verkündet, dass die Stelle umorganisiert wurde und es sie nicht mehr gäbe. Ein neuer Teamleiter (Mann) wurde geholt, der ‚mein‘ Team und ein anderes führen sollte. Ich musste ihn einarbeiten, da er keine Ahnung vom Fachgebiet hatte. Ich wurde sukzessiv ‚rausgeekelt‘. Am damals laufenden Abfindungsprogramm durfte ich nicht teilnehmen ‚man würde mich brauchen‘. Nach meiner eigenen Kündigung war die Stelle plötzlich wieder da! Sie wurde besetzt mit meinem damals (männlichen) Konkurrenten. (…)“

Das Problem ist ein strukturelles. Viele junge Frauen argumentieren gegen eine Quote damit, sie könnten das auch so erreichen. Doch die Realität hat gezeigt, dass es eben nicht so ist. Frauen haben aktuell nicht die gleichen Chancen wie Männer. Erst eine Quote kann Unternehmen dazu zwingen, Frauen einzustellen und Arbeitsmodelle so zu ändern, dass sie weniger diskriminierend gegenüber der Familienplanung sind. Und wenn dann der Ausgleich erreicht ist und es Normalität geworden ist, Frauen gleichberechtigt mit Männern im Unternehmen zu beschäftigen, dann braucht es auch keine Frauenquote mehr.

Argumente für eine gesetzlich gebundene Frauenquote

Umso wichtiger also gute Argumente liefern zu können, falls ihr über die Frauenquote diskutieren oder einfach berichten wollt. Ein paar handfeste Argumente möchte ich euch jetzt vorstellen:

  1. Mit Freiwilligkeit hat es bisher nicht funktioniert. Tatsache ist, dass in deutschen Unternehmensvorständen bisher gerade mal 10% Frauen sitzen. Eine Quote ändert das.
  2. Wenn es für uns von klein auf normal ist, dass „Chefs“ Männer in Anzügen sind, dann dürfen wir uns nicht wundern, dass wir dieses Bild nicht mit Frauen assoziieren. Wir brauchen Vorbilderinnen. Eine Quote ändert das.
  3. Um ganz nach oben zu gelangen, verhalten sich viele Frauen häufig „wie Männer“. Gerade die Führungsebenen, egal wie groß das Unternehmen ist, sind oft von zeitlich überholten männlichen Verhaltensmustern geprägt. Mehr Einfluss von Frauen, die sich gegenseitig unterstützen können, würde eine ausgeglichene Atmosphäre schaffen. Eine Quote ändert das.
  4. Frauen werden durch die Frauenquote nicht bevorzugt, sondern nicht benachteiligt. Das beweist jede Statistik und ein wenig Aufmerksamkeit. Eine Quote ändert das.
  5. Viele Männer würden sich ebenso gerne um die Erziehung und Versorgung ihrer Kinder kümmern. Das Rollenverständnis des Alleinernährers ist längst überholt, aber noch weit verbreitet. Die wenigsten trauen sich unter diesem Verständnis gegen noch vorherrschende Arbeitsmodelle anzukämpfen. Eine Quote ändert das.

 

Die Frauenquote ist dafür da, Akzeptanz für die Weiterentwicklung der Gesellschaft zu finden. Das Gesetz muss dementsprechend daran angepasst werden. Für eine Zukunft in der Frauen, Männer und alle Menschen die gleichen Chancen haben.

-Selma-


Das Beitragsbild ist von Brooke Lark auf Unsplash.

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