Zwischen Biodiversität, Landgrabbing und Klimagerechtigkeit  — Ein Bericht von der Sommerakademie 2025 STUBE Hessen

Der Schutz unserer Ökosysteme betrifft uns alle und er wird jeden Tag wichtiger. Ressourcenverbrauch, Klimawandel, Artensterben etc. bedrohen zunehmend das Fortbestehen vielfältiger und stabiler Ökosysteme. Aber wer übernimmt dafür die Verantwortung? Und was hat Klimaschutz mit Gleichberechtigung zu tun?

Mit diesen Themen haben sich die Teilnehmenden der Sommerakademie 2025 von STUBE Hessen auseinandergesetzt. STUBE Hessen ist ein studienbegleitendes Programm für Studierende aus Afrika, Asien und Lateinamerika, die in Hessen studieren. Das Programm bot den internationalen Studierenden interessante und interaktive Workshops und Exkursionen in Bad Homburg und Frankfurt. Die Akademie diente nicht nur dazu, das eigene Wissen zu vertiefen, sondern es bot den Studierenden stets auch die Gelegenheit, kritische Fragen zu stellen, miteinander zu diskutieren und vor allem neue Leute kennenzulernen. Zwischen den einzelnen Workshops, beim gemeinsamen Essen oder bei Spieleabenden hatten die Teilnehmenden Zeit, sich besser kennenzulernen und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Bedrohung der biodiversität

Im ersten Workshop konnten die Teilnehmenden mehr über die Biodiversität und ihre Bedrohung erfahren. Biodiversität setzt sich zusammen aus Ökosystemvielfalt, Artenvielfalt und genetischer Vielfalt. Doch diese Vielfalt ist zunehmend gefährdet durch menschliches Verhalten. Denn wir Menschen nutzen nicht nur natürliche Ressourcen, wir übernutzen sie, indem wir bspw. die Meere leer fischen, ganze Wälder abholzen oder intensive Landwirtschaft betreiben. Dazu kommen Umweltverschmutzungen wie Licht-, Lärm- oder Luftverschmutzung und die Ausbreitung invasiver Arten. Ganze Lebensräume werden dadurch zerstört und Ökosysteme so sehr beansprucht, dass sie sich nicht mehr vollständig regenerieren können. Klimawandel, Artenverlust, Verlust der Ökosystemvielfalt und damit ein Rückgang der Biodiversität sind schwerwiegende Ereignisse – verursacht durch unser Handeln. Die Teilnehmenden lernten in dem Workshop, wie wichtig es ist artenreiche und vielfältige Ökosysteme zu erhalten, da diese als resilienter gelten gegenüber äußeren Einflüssen und dadurch länger bestehen bleiben.

landgrabbing

Doch das intensive Bewirtschaften von Landflächen hat nicht nur Folgen für die Umwelt, sondern auch für den Menschen. Insbesondere dann, wenn die Landnutzung aus Eigeninteressen großer Unternehmen geschieht und zum Verlust der Existenzgrundlage der lokalen Bevölkerung führt — genannt Landgrabbing. Auch dieses Thema war Teil der Akademie. Landgrabbing wird durch die Hand internationaler Konzerne, staatlicher Akteure oder privater Investoren betrieben und das hauptsächlich in Ländern des globalen Südens. Anbauflächen, welche zuvor den einheimischen Kleinbauern bzw. der lokalen Bevölkerung gehörten und bewirtschaftet wurden, werden erworben und für Eigennutzung oder Produktion für den Export verwendet. Dadurch verliert die lokale Bevölkerung ihr Land und ihre Lebensgrundlage, es kommt zu Zwangsumsiedlungen, Ausbeutung und Arbeitslosigkeit. Hunger und Armut sind die großen sozialen Folgen des Landgrabbing, Umweltzerstörung sowie intensiver Ressourcenverbrauch die ökologischen. Wie kann es aber dazu kommen?

Landgrabbing passiert oftmals auf der Grundlage rechtlicher Grauzonen. Lokale Kleinbauern können oftmals keine Eigentumstitel für ihr Land vorweisen oder aber diese werden nicht anerkannt und einfach übergangen. Hintergrund dessen ist, dass in vielen Ländern des globalen Südens schwache Landrechte vorliegen und Korruption in den Regierungen weit verbreitet ist. Die Betreiber*innen von Landgrabbing handeln mit dem Ziel der Profitmaximierung, während das Wohl der Bevölkerung dabei außen vor bleibt. Verantwortlich sind jedoch nicht nur die beteiligten Unternehmen und Regierungen, in denen Landgrabbing betrieben wird, sondern auch jene Länder, in die importiert wird.

Beispiel der kaweri coffee plantation

Eine Referentin von FIAN Deutschland, eine Menschenrechtsorganisation, die sich v. a. für das Grundrecht auf Nahrung einsetzt, erzählte den Teilnehmenden, wie sie Betroffene von Landgrabbing unterstützen. Die Studierenden erfuhren von der Kaweri Coffee Plantation in Uganda, welche ein Tochterunternehmen der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe (NKG) ist. Die ugandische Regierung verpachtete 2001 Land an den deutschen Kaffeekonzern, woraufhin die Menschen der vier dort befindlichen Dörfer gewaltsam von der ugandischen Armee vertrieben wurden. Die langfristigen Folgen für die Betroffenen zeichneten sich durch fehlenden Zugang zu Agrarland, Wasser und Feuerholz und schließlich durch Unterernährung aus. Eindeutig liegt die Verantwortung dieser Menschenrechtsverletzung auch bei den Importländern, in diesem Fall Deutschland, doch wer genau sind die Verantwortlichen und wie kann man sie zur Rechenschaft ziehen?

Letzteres stellt sich oftmals als schwierig heraus. Die Teilnehmenden setzten sich mit der Frage auseinander, was wir selbst konkret dagegen tun können und fanden einige Handlungsansätze. Aufmerksamkeit für das Thema erregen über Social Media, Petitionen, Demonstrationen etc. kann ein erster Schritt sein, ebenso NGOs und Organisationen vor Ort unterstützen.

Im Fall der Kaweri Coffee Plantation erhielten die Betroffenen nach 24 Jahren eine finanzielle Entschädigung vom ugandischen Staat. Die vertriebene Bevölkerung hatte sich zuvor zum gemeinsamen Widerstand unter dem Motto „Wake up and fight for your rights, Madudu Group“ zusammengetan und eine Klage gegen die ugandische Regierung sowie die Hamburger Neumann Kaffee Gruppe (NKG) mit Hilfe von FIAN Deutschland eingereicht.

Der Workshop zeigte den Studierenden, dass wir, auch wenn wir selbst oftmals nicht das ganze Problem lösen können, dennoch versuchen können, gegen Unrecht vorzugehen und unser Recht einzufordern. Selbst ein kleiner Beitrag kann schon etwas bewegen.

ozeane in gefahr

Zwei spannende Exkursionen in den Schlosspark Bad Homburg und in das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt gehörten ebenfalls zum Programm. Im Naturmuseum lernten die Studierenden mehr über den Einfluss des Menschen auf die Meere. Der Mensch verschmutzt die Umwelt sowie die Meere aufgrund seines Konsumverhaltens und der entstehende Müll birgt eine Gefahr für Meereslebewesen. Es steht außer Frage, dass der menschenverursachte Klimawandel das Leben im Meer gefährdet. Aber wie genau?

Ein erhöhter CO2-Gehalt, der u.a. durch Abgase entsteht, in Verbindung mit H2O lässt den pH-Wert der Ozeane sinken und Kohlensäure entstehen. Dieser chemische Prozess führt zur Ozeanversauerung, welche tiefgreifende Folgen für die Meereslebewesen hat. Insbesondere Organismen wie Korallen oder Muscheln sind dadurch gefährdet, weil sie nicht mehr genügend Kalk bilden können. Eine weitere Bedrohung ergibt sich durch ansteigende Temperaturen und starke Sonneneinstrahlung, was zu erhöhten Wassertemperaturen führt. Die Korallenbleiche stellt eine Folge dieser Stressfaktoren dar, wie die Studierenden bei der Museumsführung lernten. Die Korallen erleiden eine Art Hitzestress, wodurch sie symbiontische Mikroalgen abstoßen, die ihnen normalerweise ihre Nahrung und Farbe geben. Korallenriffe bieten Lebensraum für zahlreiche Meereslebewesen, d. h. das Korallensterben zieht auch einen Verlust der Artenvielfalt nach sich, da z. B. Fische weniger Schutz und Nahrung finden.

Führung durch den Schlosspark

Besuch des Senckenberg Museums

 

klimaschutz und gleichberechtigung?

Das alles zeigt: Klimaschutz ist wichtig. Doch was oft nicht genug berücksichtigt wird, ist, dass Klimaschutz untrennbar verbunden ist mit Gleichberechtigung. Denn weltweit sind Frauen und Mädchen im Vergleich zu Männern stärker betroffen von der Klimakrise. Doch wie kann das sein?

Damit beschäftigten sich die Teilnehmenden zusammen mit einer Referentin von Grenzenlos. Frauen sterben bei Klimakatastrophen mit höherer Wahrscheinlichkeit als Männer, bspw. weil sie seltener schwimmen können oder ihren Kindern Nahrung besorgen, auch wenn für sie selbst dabei nichts übrig bleibt. Vor allem auf der Flucht vor Katastrophen sind Frauen verstärkt körperlicher sowie sexualisierter Gewalt, Zwangsprostitution und Ausbeutung ausgesetzt. Bei klimabedingten Dürren oder Waldsterben sehen sich Mädchen und Frauen gezwungen, lange Strecken zu Fuß zu gehen, um Brennholz oder Wasser für die Familie zu holen. Viele von ihnen tragen dabei häufig noch ihr Kind mit oder sind schwanger, wodurch sie harter körperlicher Belastung ausgesetzt sind. Auch sind die Folgen von Überflutungen, Dürren, Waldbränden usw. für sie länger spürbar, da Frauen niedrigere Einkommen beziehen und weniger Rücklagen haben, was dazu führt, dass sie finanziellen und wirtschaftlichen Schäden schlechter gegenüberstehen.

Im Laufe des Workshops lernten die Teilnehmenden Wangari Maathai kennen, Professorin, Umweltaktivistin, Frauenrechtlerin, Politikerin und Friedensnobelpreisträgerin aus Kenia. Sie war Gründerin des Green Belt Movement, eine Umweltorganisation, welche insbesondere Frauen beim Umweltschutz und der Verbesserung ihrer Lebensbedingungen unterstützt. Wangari Maathai setzte sich aktiv für Umweltschutz in ihrem Heimatland ein, indem sie anfangs selbst Bäume pflanzte. Dabei musste sie sich immer wieder ihrer eigenen Regierung widersetzen. Der damalige Staatschef ließ sie mehrmals inhaftieren und misshandeln, auch auf offener Straße, da sie sich öffentlich für Umweltschutz, Demokratie, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit einsetzte und sich somit gegen das damalige autoritäre Regime aussprach. Neben dem Umweltschutz wurden insbesondere Frauenrechte und Meinungsfreiheit durch sie vorangetrieben, und trotz des starken Widerstands ließ sie sich nie von ihrer Mission abbringen, wodurch sie zum Sinnbild der Frauenbewegung in Kenia wurde.

Die vielfältigen Themen der Akademie und Konfliktpunkte zeigen, dass der Schutz der Ökosysteme, Klimaschutz, Menschenrechte und Gleichberechtigung wichtiger sind denn je und dass unser Handeln gefordert ist. Beispiele wie „Wake up and fight for your rights, Madudu Group“ oder die Arbeit von Wangari Maathai zeigen, dass es sich lohnen kann, sich gegen Ungerechtigkeit einzusetzen und aktiv zu einer positiven Veränderung beizutragen.

 

Beitrag von Sophie Olligs


Fotos: STUBE Hessen/WUS

 

 

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