23 Apr. 2025 Die große weite undemokratische Welt – Teil III
Willkommen zum dritten Teil der Reihe auf unserem Blog, die sich mit Demokratien, Menschenrechten und allem was dazu gehört beschäftigt. Falls Du die ersten beiden Teile noch nicht gelesen hast, geht es hier zum ersten und hier zum zweiten Teil! Heute dürft Ihr euch auf spannende Informationen rund um das Thema Pressefreiheit freuen. Denn: Am 03. Mai ist der Internationale Tag der Pressefreiheit. Ein Tag, der an die Relevanz einer funktionierenden Presse erinnert und neu ins Bewusstsein rufen soll. Vielleicht habt Ihr auch schon mal von dem Ausdruck „Presse als 4. Gewalt“ in einer Demokratie gehört. Um all das und wie es aussieht, wenn keine Pressefreiheit gewährleistet wird, soll es heute gehen.
Von Geheimtreffen in Potsdam bis zu geheimen Papieren in der FDP-Zentrale
Um die Bedeutung der Pressefreiheit zu unterstreichen, müssen wir gar nicht ins Ausland oder die ferne Vergangenheit schauen. Vielleicht erinnert Ihr euch noch, als Anfang letzten Jahres in vielen großen und kleinen Städten Deutschlands und Österreichs die „Demos gegen Rechtsextremismus“ stattgefunden haben und so viele Menschen mobilisiert haben wie selten. Der Höhepunkt waren ca. 900 000 Menschen an einem Wochenende. Ausgelöst wurde diese Welle der Meinungsbekundung durch ein geheimes Treffen teils rechtsextremer Denker und politischer Akteure in Potsdam Ende 2023. Lediglich durch Recherchen von Investigativjournalisten wurde das Treffen schließlich im Nachhinein öffentlich und die Gesellschaft konnte sich dazu eine Meinung bilden.
Investigativer Journalismus und die öffentliche Meinung
In dem letzten Satz sind nun zwei zentrale Aspekte von Pressefreiheit und Funktionen der Presse angeklungen, die kurz erläutert werden sollten. Investigativer Journalismus ist sozusagen ein Unterbereich des Journalismus. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er mit Quellen und Informationen arbeitet, die nicht öffentlich zugänglich sind. Diese Quellen können beispielsweise geheime Akten von Behörden sein, die Informationen enthalten, die es zu schützen gilt. Dass nicht alle Informationen veröffentlicht werden, ist an sich auch eine gute Sache. Doch der investigative Journalismus ist sozusagen dafür zuständig zu überprüfen, ob Informationen, die geheim gehalten, werden aus einem guten Grund nicht der Öffentlichkeit bekannt sind oder ob die Information aus politischen Gründen nicht der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen – beispielsweise weil diese Dokumente Korruption oder andere Straftaten aufdecken würden oder auch der Reputation einer Person oder einer Partei schaden würden.
Die freie Presse erfüllt in der Demokratie eine zentrale Aufgabe: Sie informiert den Souverän, denjenigen, von dem die Macht ausgeht, über das allgemeine Geschehen und vor allem darüber, was seine gewählten Repräsentanten tun oder auch nicht tun. Damit trägt die Presse zur Bildung der öffentlichen Meinung bei. Lebten wir in Gruppen von nur wenigen Menschen, bräuchten wir keine Presse, weil wir unsere Mitbürger*innen alle im Blick hätten. Doch um ein demokratisches Zusammenleben in Ländern zu organisieren, ist die Repräsentation von Meinungen und Konstruktion einer öffentlichen Meinung unabdingbar. Falls Euch das noch genauer interessiert, findet Ihr hier einen einführenden Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung.
Zurück zum investigativen Journalismus in Deutschland
Vielleicht erinnert Ihr euch noch an den 6. November letzten Jahres. Ein Tag, an dem viel passiert ist. Über den Tag hinweg zeichnete sich der Wahlsieg Donald Trumps immer weiter ab und am Abend stand fest: Die damalige Regierung von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hat sich nicht einigen können und zerbricht. Die vorgezogene Wahl Ende Februar 2025 resultierte daraus. Rund zwei Wochen nach dem historischen 06.11.2024 erscheint ein Artikel des Journalisten Robert Pausch, der die Ereignisse rund um das Ende der Regierungszusammenarbeit mit bis dahin geheimen Informationen neu beleuchtet. Kurzfassung: Es gibt Akten und Protokolle, die unterstreichen, dass führende FDP-Politiker den Bruch der Koalition herbeigeführt haben. Ob die Veröffentlichung dieser Abläufe auch einen Einfluss auf das schlechte Wahlergebnis der FDP hatte, ist schwer nachzuvollziehen. In jedem Fall lässt sich sagen, dass sich das durchaus besondere Ereignis des Zerfalls einer Koalition durch die investigative Recherche anders beurteilen lässt.
Pressefreit basics
Doch die Reihe möchte sich ja eigentlich gar nicht so viel mit Deutschland beschäftigen, sondern sie soll dazu beitragen unseren Horizont zu erweitern; auf Probleme hinweisen, die wir nicht auf dem Schirm haben. Doch vorher noch einige basic facts über Pressefreiheit:
Unabhängigkeit
Neben den Aspekten, die bereits angesprochen worden sind, gibt es noch andere, die ebenfalls wichtig zu erwähnen sind. So ist es für eine freie Presse von großer Bedeutung, dass Medienhäuser oder generell Medienschaffende keiner Zensur unterliegen. Sprich: Der Staat darf unter keinen Umständen der Presse Anweisungen geben, über was berichtet werden soll oder über was gerade nicht. Heißt das, die Presse darf alles schreiben? Nein, natürlich nicht. Für die Presse gelten wie für alle anderen auch Gesetze. So dürfen beispielsweise keine Lügen verbreitet werden. Auch wenn es um Informationen geht, die potenziell Schaden zufügen könnten, zum Beispiel bei Wahlen, ist genau zu prüfen, ob ausreichend gute Quellen vorliegen, um diese Informationen zu veröffentlichen. Die Presse muss unabhängig und gewissenhaft recherchieren, um die Bevölkerung zu informieren.
Sicherheit und Zugang
Darüber hinaus muss der Staat sicherstellen, dass Medienschaffende sicher ihrer Arbeit nachgehen können. Dazu gehört beispielsweise ausreichender Schutz auf Demonstrationen. Vor allem seit der Corona-Pandemie steigen Angriffe auf Journalist*innen an. Aber auch sollten Journalist*innen nicht das Gefühl vermittelt bekommen, in besonderer Weise über eine*n Politiker*in oder eine Partei schreiben zu müssen, weil sie andernfalls nicht mehr eingeladen werden oder ihnen der Zugang beschränkt wird. Das Verhältnis von Vetreter*innen der Politik und der Presse ist ein kompliziertes Spannungsfeld, das stets eine freie und unvoreingenommene Berichterstattung ermöglichen muss.
Soziale Medien und ihre „Besonderheiten“
Vor allem in den letzten Jahren sind die Bedeutung von digitalen (sozialen) Medien und die Gefahr, die von ihnen ausgeht (beispielsweise durch Fake News, Deep Fakes etc.), stärker in unser Bewusstsein gelangt. Die Anonymität, die das Miteinander verhärten lässt, die Gefahr durch ausländische Einflussnahme vor Wahlen, etc., sind nur einige Beispiele der möglichen Gefahren, denen wir gegenüberstehen. Bezüglich der Abbildung der öffentlichen Meinung, eine zentrale Aufgabe der Medien, ergibt sich das Problem, dass durch ChatBots (Accounts, die keinem Menschen zugeordnet sind, sondern von Sofware erstellt und benutzt werden) Meinungen in einer Größe dargestellt werden, die nicht deckungsgleich mit der Realität sind.
Ihr seht: Presse und Medien allgemein sind zentral in einer Demokratie, sind aber auch einigen Gefahren ausgesetzt. Wie es aussieht, wenn Pressefreiheit nicht gewährleistet ist, schauen wir uns jetzt gemeinsam an!
China – Zensur der Presse & Menschenrechtsverletzungen at its best
Am Beispiel Chinas erkennt man eine zentrale Aufgabe des Journalismus wie kaum sonst wo: (Freier) Journalismus deckt Unrecht auf, hakt da noch einmal nach, wo es unbequem ist. Und das ist in China eigentlich kaum möglich. Die Kommunistische Partei Chinas um Xi Jinping hat ein System geschaffen, in dem eine freie journalistische Arbeit mittlerweile undenkbar ist. Aus gewissen Teilen des Landes ist quasi gar keine Berichterstattung möglich. Vor allem in der Region Xinjiang, in der viele Menschen der ethnischen Minderheit der Uiguren leben, sind die Beschränkungen enorm. Ausländische Journalist*innen sind kaum gestattet und bei den wenigen zugelassenen Einreisen von Journalist*innen werden sie stets bewacht und in ihrer Arbeit eingeschränkt. Expert*innen gehen von katastrophalen Zuständen aus – beispielsweise in Form von Umerziehungslagern, die das Ziel verfolgen, die regionale Kultur auszulöschen und die kulturellen Vorstellungen und Ideale der Kommunistischen Partei Chinas gewaltsam durchzusetzen. Der Bericht von Amnesty International in Deutschland geht näher auf die anhaltend bedrückende Lage der Uiguren ein.
„Total Trust – Was China der Welt nicht zeigt“ – Dokumentarfilm über Journalismus
Die Dokumentation gewann in mehreren Kategorien 2025 einen Grimme-Preis. Sie begleitet verschiedene Journalist*innen und ihre Familien und unterstreicht auf eine Art und Weise wie die Lage der Journalist*innen vor Ort ist, wie es ein Blogbeitrag nie könnte. Der Film verdeutlicht das persönliche Leid, das von Menschen getragen wird, die nicht wissen wo ihre Familienmitglieder sind – entführt vom Staat, weil sie sich weigerten, sich den Vorgaben zu beugen und Unrecht undokumentiert zu lassen. Ein Film, der von den beinahe unbegrenzten Möglichkeiten erzählt, die dem chinesischen Staatsapparat dank moderner Technik und ausgeweiteter Überwachung des öffentlichen Raums zur Verfügung stehen. Und das Problem: Durch die stark eingeschränkte Presse und die Zensur ist eigentlich kaum etwas bekannt über die Menschenrechtsverletzungen. Der Film ist aktuell in der ARTE-Mediathek abrufbar.
Die Drohungen, denen Journalist*innen ausgesetzt sind, und die zahllosen Fälle von Inhaftierungen und Folter aus der Vergangenheit verlangen den Verbliebenen viel Mut und Durchhaltevermögen ab. In China kommt zu der massiven Einschränkung der Pressefreiheit noch hinzu, dass der Staat in das Leben seiner einzelnen Bürger*innen stark eingreift, um das Regime zu erhalten. Reporter ohne Grenzen listen China auf Platz 172 von 180 auf der Rangliste der Pressefreiheit. Auch wenn China nachweislich Menschenrechte wiederholt verletzt und sich in den letzten Jahren eher noch weiter autokratisiert hat, ist das Land einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Ein Spannungsverhältnis, das vielleicht mal in einem anderen Blogbeitrag behandelt werden könnte.
Dabei belassen wir es für heute. Ich hoffe ich konnte Euch einen Einblick in das Thema Pressefreiheit geben. Es gäbe noch viel mehr zu schreiben über die Pressefreiheit weltweit. Beispielsweise über die hohe Kriminalität, die Journalist*innen von Banden und Drogenclans widerfährt. Oder auch wie populistische Parteien oder Personen die Medien gezielt nutzen und so der Demokratie schaden. Falls ihr Euch weiter über das Thema Pressefreiheit informieren wollt, empfehle ich Euch den Internetauftritt von Reporter ohne Grenzen, die Länderberichte von Freedom House, die auch auf die Situation der Medien in ihrer Analyse eingehen oder die ARD-Aktionstage zur Pressefreiheit. – ein aktuelles Angebot unseres öffentlich-rechtlichen Rundfunks, das anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit viele Angebote für verschiedene Zielgruppen anbietet.
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