Kaufst du noch oder containerst du schon?

„Auf der Welt werden ein Drittel der für den Menschen produzierten Lebensmittel weggeworfen“, sagt Leoni Beckmann, die Vorsitzende des Teams von Restlos Glücklich e.V., während sie auf der Verleihung des FAIRwandler-Preises im Februar 2018 in Frankfurt a. M. den hübschen Pokal aus Holz überreicht bekommt: „Das ist eine unglaubliche Ressourcenverschwendung“.

Wo sie Recht hat, hat sie Recht: Die Lebensmittel werden nicht nur produziert, sie werden auch unnötig durch die Landschaft gefahren, damit sie am Ende nicht in einem Magen, sondern in einer Mülltonne landen. Bis dahin wurde nicht nur Wasser, sondern auch Kraftstoff verschwendet.

Um den „Food-Waste“, also die Verschwendung von Lebensmitteln zu minimieren, kommen immer neue Ideen auf. So wie zum Beispiel: Containern!

Was ist Containern eigentlich?

Zur Definition von „Containern“ steht auf Wikipedia: „Containern, auch Mülltauchen oder Dumpster Diving genannt, bezeichnet die Mitnahme weggeworfener Lebensmittel aus Abfallcontainern. Das Containern erfolgt in der Regel bei Abfallbehältern von Supermärkten, aber auch bei Fabriken.“

Soweit so gut, aber: Lohnt sich das überhaupt? Unsere Autorin Dina hat sich mit ihrer Freundin Laura getroffen, die darüber berichten kann.

Interview mit einer, die sich getraut hat

Dina: Du hast schon mal containert. Wie bist du auf die Idee gekommen?

Laura: Ich habe von Freunden und über Berichte davon gehört und fand die Idee direkt cool. Eine Freundin von mir macht das sogar oft. Wir sind dann irgendwann spontan zu zweit los. Davor hatte ich mich gar nicht getraut das zu machen, weil es ja auch illegal ist.

Wieso illegal?

Ich weiß nicht genau, was daran illegal ist. Wir haben keine Container aufgebrochen und sind auch nicht über abgeschlossene Tore geklettert – alles offen. Auf dem Grundstück waren Kameras, wir haben uns deswegen ein bisschen vermummt. So mit Kapuzenpulli. Weil man halt mal gehört hat, dass es illegal ist.

Was habt ihr gefunden?

Wir haben Brötchen containert, Käse, eine Tiefkühlpizza, zwei Erdbeerpflanzen, drei Äpfel und eine Paprika. Aber das ist noch relativ wenig! Vor uns waren wahrscheinlich schon andere da, die Lebensmittel gerettet haben.

Ich habe eine Freundin, die mal einen riesigen Karton mit Süßigkeiten gerettet hat. Es werden oft auch Blumen weggeschmissen. Brot findet man am häufigsten, und auch Milchprodukte werden oft weggeschmissen, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist. Dabei sind Milchprodukte oft noch länger gut und wenn man daran riecht oder probiert, merkt man direkt, ob man sie noch verwerten kann oder nicht.

Wie habt ihr die Dinge verwertet?

Wir haben nur mitgenommen, was wir auch gebrauchen können. Brot und Brötchen gehen sehr gut zu verwerten. Die vom Vortag sind ja noch recht frisch, man kann die auch wieder aufbacken. Bei Obst und Gemüse sieht man auch gut, ob man es noch essen kann. Schlechte Stellen schneidet man einfach weg. Wenn man unsicher ist, kann man das Gemüse noch erhitzen, das tötet eventuelle Keime. Die Äpfel haben jedenfalls sehr gut geschmeckt! Die Tiefkühlpizza war hingegen keine gute Idee. Wir waren uns auch unsicher und haben sie trotzdem probiert, weil es draußen eh kalt gewesen war. Tiefkühlprodukte sollte man aber nicht länger aufgetaut lassen. Meiner Freundin ist die Pizza nicht gut bekommen.

Hast du Tipps für diejenigen, die auch mal containern wollen?

Mach dich schlau, wann die Mülltonnen geleert werden. Am Vortag wird meistens mehr weggeschmissen und die Container werden seltener abgeschlossen. Und mach es besser dann, wenn es draußen auch kalt ist! Im Sommer solltest du Handschuhe mitnehmen … Und nicht zu viel Ekel haben! (lacht)

Im Winter ist containern weniger eklig?

Wenn es warm ist, bilden sich Maden. Und beim Containern muss man auch schon mal in die Tonne rein steigen.

Das klingt unangenehm, aber dafür habt ihr Lebensmittel gerettet.

Ja, es wird zu viel, was noch gut ist, weggeschmissen. Wenn ich Freunden erzähle, dass wir containert haben, finden es alle gut. Containern kommt positiv an, selbst bei denen, die dem kritisch gegenüberstehen. Ich glaube, wäre es nicht verboten, würden es mehr Leute machen. Ich war ja auch etwas ängstlich…

Danke, Laura, für diesen Einblick!

Trau dich!

Fühlst du dich noch unsicher, ob du wirklich containern gehen willst? Hier gibt es noch weitere Tipps: https://daslamm.ch/18-tipps-zum-containern/. Illegal ist Containern in Deutschland dann, wenn man Hausfriedensbruch begeht oder etwas kaputtmacht (Sachbeschädigung). In Österreich gilt Containern sogar überhaupt nicht als Straftat, da Müll hier eine herrenlose Sache ist. Und falls dir das Ganze doch unheimlich ist und du gar keinen Kapuzenpulli besitzt, sind vielleicht Fairteilerkühlschränke was für dich: Hier werden gekühlte Lebensmittel abgestellt und mitgenommen und somit vor einem vorzeitigen Tod in der Mülltonne bewahrt.

Na, dann guten Appetit!

Nach dem Containern (und vielleicht dem Duschen) ist vor dem Essen: Die App Zu gut für die Tonne zeigt dir, was du alles Leckeres aus (geretteten Container-)Resten kochen kannst. Und ob bereits abgelaufene Lebensmittel noch ess- und genießbar sind, findest du am besten heraus durch riechen, schmecken, ausprobieren!

2 Comments
  • Astrid
    Posted at 09:55h, 13 März Antworten

    Tatsächlich kann in Deutschland auch eine Strafverfolgung wegen Diebstahl drohen – aufgrund der Geringfügigkeit des Warenwertes (beim Containern wird der Wert oft bei 0€ angesetzt) wird das allerdings nur verfolgt, wenn der/die Supermarktbesitzer/in Anzeige erstattet. Meistens wird die Anzeige dann auch fallen gelassen, wegen geringem öffentlichen Interesse, aber es besteht durchaus die Möglichkeit, dass es weiter verfolgt wird und man deswegen in Schwierigkeiten kommt – auch wenn man nichts kaputt gemacht hat und nirgends eingebrochen ist.
    (vgl hier: https://www.jetzt.de/lexikon/was-droht-mir-beim-containern-585056)

    Das soll jetzt kein Plädoyer gegen das Containern sein, ich finde Müllrettungsaktionen voll super und unterstützenswert, aber man sollte sich der möglichen Konsequenzen vorher bewusst sein, und dann ganz individuell entscheiden, ob man das machen möchte.

    • EineWeltBlaBla
      Posted at 12:14h, 13 März Antworten

      Liebe Astrid,
      vielen Dank für diese Info und den Link! Du hast recht: erst gut informieren, dann entscheiden, ob es für eine*n persönlich in Frage kommt. Tatsächlich ist 2004 eine Kölnerin wegen „gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall“ angeklagt worden (Quelle: Wikipedia).

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